Film: The Unthinkable

      Film: The Unthinkable

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      Der gefeierte Pianist Alex gerät nach dem Tod seiner Mutter in eine Lebenskrise. Sie hatte einst seinen gewalttätigen Vater verlassen, und kurz nach ihr flüchtete auch Alex zu einem Verwandten nach Stockholm. Aber jetzt muss er in das Dorf seiner Kindheit zurückkehren, weil seine Mutter gestorben ist und er seinem Vater diese Botschaft persönlich überbringen will. Bei dieser Gelegenheit möchte er das Klavier kaufen, auf dem er als Junge mit seiner damaligen Freundin Anna spielen gelernt hatte. Diese glückliche Kinderzeit endete, als Anna fortzog. Weder mit Anna noch mit seinem Vater hatte Alex seitdem noch Kontakt.

      Seine Reise am Mittsommertag nimmt schnell albtraumhafte Züge an. Explosionen erschüttern Stockholm, Verkehrsunfälle blockieren die Straßen, Menschen irren desorientiert umher. Sprengstoffanschläge zerstören wichtige Brücken und das Parlamentsgebäude. Mobilfunk und Strom fallen aus. Fremde Soldaten in Tarnuniformen ohne Kennzeichen tauchen auf und schießen ohne Warnung. Sie tragen Gasmasken, denn ein Nervengift in den Regentropfen zerstört bei ungeschützten Menschen das Gedächtnis.

      Am Ende sind alle Protagonisten tot oder haben ein unheilbar geschädigtes Gehirn. Schweden ist von fremden Truppen besetzt. Das von einer unbekannten Macht versprühte Nervengift hat mehrere hunderttausend Menschen zu Pflegefällen gemacht.

      Der Film thematisiert den Wahnsinn der modernen Kriegsführung: Ziel ist nicht mehr ein Sieg oder eine Niederlage, sondern die Zerstörung der Infrastruktur und der öffentlichen Ordnung. Staatliche Akteure täuschen einen Guerillakrieg vor, Soldaten und Kriegsgerät tragen keine Hoheitskennzeichen, und digitale Angriffe lassen sich sowieso nicht sicher zurückverfolgen. Der Gegner bleibt unsichtbar, alle in Frage kommenden Mächte leugnen hartnäckig jegliche Beteiligung. Niemand erklärt einen Krieg, aber das Land wird vollkommen verwüstet. Das im Film eingesetzte Giftgas ist nicht dazu gedacht, Menschen zu töten, es soll sie nur so weit außer Gefecht setzen, dass sie lebenslang gepflegt werden müssen. Diese Taktik höhlt die Ressourcen des Gegners aus und behindert seine Erholung.

      Am Ende besetzen fremde Truppen das Land, aber nur »zur Sicherung ihrer ökonomischen Interessen«, nicht etwa als feindlicher Akt.

      Das alles geschieht bereits heute. Russische Truppen, teilweise ohne Kennzeichen, stehen in der Ukraine und in Georgien. In Syrien haben die USA, Russland, der Iran und die Türkei jeweils Truppenkontingente stationiert und kontrollieren Milizen. Obwohl zeitweilig mehr als 50000 Mann ausländische Truppen und Milizen im Land standen, führte keines der Länder offiziell einen Krieg.

      Moderne Industriestaaten sind darauf angewiesen, dass ihre kritischen Infrastrukturen ohne große Unterbrechung funktionieren. Das macht sie verwundbar. Weniger als ein Dutzend Kraftwerke liefern zusammen die Hälfte des schwedischen Stroms. Im Film sind sie das vorrangige Ziel der fremden Soldaten. In zehn Jahren wird ein direkter Angriff vielleicht nicht mehr nötig sein, dann genügt eine massive Attacke über das Internet, um alle Lichter ausgehen zu lassen.

      Der Film überträgt die Strategien, die verschiedene Mächte bei den Kriegen in der Ukraine, in Syrien und im Irak angewandt haben, auf ein europäisches Land. Die Kriege der nahen Zukunft werden nicht mehr erklärt, ja offiziell finden sie nicht einmal statt, denn staatliche Gegner schieben Bürgerkriegsparteien vor – oder erfinden sie. Die Angriffe sollen den Gegner durch wuchtige verdeckte Schläge so weit schwächen, dass er zu keinem Widerstand mehr fähig ist. Das alles geschieht beiläufig und ohne große Kriegsrhetorik, denn offiziell ist man nicht beteiligt, sondern beobachtet nur einen Bürgerkrieg im Nachbarland.
      :reg:
      :wechsel:
      Entspanne dich. Lass das Steuer los. Trudle durch die Welt. Sie ist so schön.
      - Kurt Tucholsky -