Erst kürzlich hat Angie die Kompetenzen ihres Innenministers beschnitten, nachdem der ein haltloses Gerücht als Wahrheitsbehauptung verbreitet hat, nämlich dass 30% der Flüchtlinge mit syrischem Pass keine Syrer seien. erstunken und erlogen war das - es gibt welche, aber das sind nach Meinung derer, die sich damit auskennen, zu vernachlässigende Einzelfälle.
Jetzt lügt er wieder herum und behauptet, in Afghanistan gäb es so viele sichere Orte, dass man anfangen könnte, afghanische Flüchtlinge dorthin zurück zu deportieren. Ein Tagesschau-Kommentar dazu:
tagesschau.de/kommentar/innenminister-fluechtlinge-109.html
Jetzt lügt er wieder herum und behauptet, in Afghanistan gäb es so viele sichere Orte, dass man anfangen könnte, afghanische Flüchtlinge dorthin zurück zu deportieren. Ein Tagesschau-Kommentar dazu:
Es sei viel Entwicklungshilfe geflossen, da könnten die Afghanen doch in ihrem Land bleiben - dieser Satz von Innenminister de Maizière sei zynisch, meint Jürgen Webermann. Dort herrsche Krieg.
Von Jürgen Webermann, ARD-Hörfunkstudio Südasien
Dieser Satz von Thomas de Maizière ist besonders zynisch: Es sei viel Entwicklungshilfe nach Afghanistan geflossen, da könne man erwarten, dass die Afghanen in ihrem Land bleiben.
Sagen Sie das mal einem Menschen aus Kundus. Kundus war ein wichtiges Zentrum der deutschen Entwicklungshilfe. Als die deutschen Soldaten 2013 von dort abzogen, rief der damalige Außenminister Guido Westerwelle den Menschen zu: "Wir lassen Euch nicht im Stich!" Neben ihm im Bundeswehr-Lager stand übrigens der damalige Verteidigungsminister Thomas de Maizière. Tatsächlich: Die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) hat in Kundus Schulen gebaut und das Justizwesen unterstützt. Die GIZ ist der entwicklungspolitische Arm der Bundesregierung.
Dann kamen vor ziemlich genau einem Monat die Taliban. Sie nahmen Kundus binnen weniger Stunden ein - eine Großstadt von weit mehr als 100.000 Einwohnern. Sie plünderten Büros von Hilfsorganisationen, darunter waren auch Räume der GIZ. Augenzeugen schilderten, wie die Extremisten, die Kalaschnikow in der Hand, auf Fahrzeugen der Deutschen posierten. Bereits im Frühjahr war ein deutscher GIZ-Mitarbeiter in der Provinz entführt worden, im August traf es eine GIZ-Helferin in Kabul, mitten auf der Straße, mitten in einem besseren Stadtteil, direkt vor ihrem Büro.
Alle, die in Kundus irgendwie mit den Deutschen zu tun hatten, mussten nach dem Sturm der Taliban um ihr Leben fürchten. Viele hatten bereits seit längerem Drohungen erhalten. Die Bundeswehr aber behauptete noch zwei Monate vor dem Sturm der Taliban im Interview mit der ARD, alle Berichte über brennende Stadtteile in Kundus seien völlig übertrieben. So etwas werde es nicht geben.
Natürlich ist de Maizière ein Getriebener des Flüchtlingsansturms. Natürlich versucht er, eine harte Botschaft auch nach Afghanistan zu senden. Er weiß, dass es dort zu viele Menschen gibt, die glauben, in Deutschland flössen Milch und Honig. Natürlich versucht auch die afghanische Regierung, ihre besten Leute zu halten. Es gibt sogar eine Kampagne von jungen Afghanen selbst. "Afghanistan Needs You", heißt sie. "Afghanistan braucht Dich!" Das stimmt ja auch.
Aber seien wir ehrlich: Die Äußerungen des Bundesinnenministers sind haltlos. Mehr als ein Drittel Afghanistans ist Kriegsgebiet, nicht nur Kundus, sondern auch die Hauptstadt Kabul. Sie erlebte in diesem Jahr schlimme Anschläge. Martialisch gekleidete Soldaten mit Gewehr im Anschlag prägen das Straßenbild. Außenminister Steinmeier nahm während seines Besuchs im August lieber den Hubschrauber, um vom Flughafen in die Innenstadt zu gelangen. Zu groß war auch seine Angst.
Betroffen vom Krieg, ja: Es ist ein Krieg!, ist das ganze Land. Es kommen keine Investoren mehr. Stattdessen zogen Hilfsorganisationen und NATO-Soldaten ab, damit fielen Tausende Arbeitsplätze weg. Auch die friedlicheren Regionen befinden sich im Niedergang.
2014 hatten viele Afghanen noch Hoffnung. Trotz der Anschlagswarnungen sind viele von ihnen zur Präsidentschaftswahl gegangen, Menschen, die man für ihren Mut bewundern kann. Sie dachten, eine neue Regierung bedeute einen neuen Aufbruch. Das Gegenteil ist der Fall. Die Regierung ist uneins. Sie versagt an allen Fronten, nicht nur militärisch. Schlimmer noch: Sie wirkt einfach nur hilflos. Ein Regierender, der Gouverneur von Kundus, betont sogar schon, er selbst sei kriegsmüde und wolle nach Deutschland.
Da wollen wir ernsthaft erwarten, dass die Afghanen bitteschön in ihrem Land bleiben? Viel eher könnte man Thomas de Maiziere genauso verkürzt fragen, ob Deutschlands Politik in Afghanistan nicht gescheitert ist und die Flüchtlinge dafür eine Quittung sind.
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