Saudi-Arabien: Internationale Proteste gegen Auspeitschung erfolgreich

Grizzly · 23. Januar 2015, 06:55

Der in Saudi Arabien inhaftierte und zu 1000 Peitschenhieben verurteilte Blogger Raif Badawi wird offenbar von weiterer Bestrafung verschont. Das berichtet das Medienmagazin "Zapp" und beruft sich auf eine Auskunft des Botschafters Ossama bin Abdul Majed Shobokshi. Der in Berlin stationierte Diplomat des Königreiches habe mitgeteilt, dass die Auspeitschung Badawis gestoppt worden sei.

"Die Bestrafung von Herrn Raif Badawi wurde, wie ich verstanden habe, gestoppt. Er wird keine Peitschenhiebe mehr erhalten. Ich nehme an, dass Herr Badawi, nachdem die Auspeitschung gestoppt wurde, nicht zehn Jahre in Haft bleiben wird", wird der Botschafter zitiert.

Raif Badawi war im vergangenen Mai wegen Veröffentlichungen auf seiner Online-Plattform "Saudi-Arabische Liberale" zu zehn Jahren Haft, 1000 Peitschenhieben, ca. 200.000 Euro Geldstrafe und einem anschließenden Reise- und Social-Media-Verbot verurteilt worden. In seinen Texten soll sich der Familienvater über saudi-arabische Kleriker und die Moralpolizei des Königreichs lustig gemacht haben. Offiziell wurde der 2012 festgenommene Badawi wegen "Beleidigung des Islam" verurteilt.

Die Prügel sollten auf je 50 Stück pro Woche verteilt werden. Nach der ersten öffentlichen Auspeitschung am 9. Januar in Dschidda war die Strafe zunächst ausgesetzt worden. Die Bestrafung von Badawi hatte internationale Proteste ausgelöst, nachdem ein Video im Internet aufgetaucht war, auf dem die Auspeitschung zu sehen war.

tagesschau.de/ausland/badawi-101.html

Grizzly sein :senf2:

Jetzt muss weiter Druck gemacht werden, wenigstens bis zur Freilassung und, falls gewünscht, Ausreise von Raif Badawi und seiner Familie.

COOLmann · 23. Januar 2015, 08:20

Die Vita von Herrn Badawi ist allgemein bekannt
und auch auf "al jaz" hin und wieder Thema der
Berichterstattung. Wie viele andere wird er schon
seit Jahren vom Saudischen Königshaus verfolgt.
(Der Saudische König ist übrigens aktuell verstorben.)
Die 20x50 Stockhiebe zuzüglich 10 Jahre Gefängnis
sind eigentlich ein "abgemildertes" Urteil. Am Anfang
des Prozesses war die Todesstrafe beantragt. Nachdem
er aber vor Gericht 3x den muslimischen Glaubenssatz auf
arabisch aufsagen konnte hatte er bewiesen, daß er trotz
aller Verfehlungen ein Muslim ist und die Todesstrafe war
vom Tisch. Auf Grund der schon länger andauernden Verfolgung
ist die engste Familie (Frau+ Kinder) schon längst in Kanada
und hat dort um politisches Asyl gebeten.
Der Herr Badawi wußte ja, welcher Gefahr er sich mit seiner Arbeit
für einen Hauch von Demokratie aussetzt. Die Gesetze dort sind
eindeutig. Die Frage ist nur, wie kann dieses religiöse Regime
zu unseren "Freunden" gehören? Darauf fallen mir nur ziemlich böse Antworten ein.......

PS: Der Stop der Auspeitschung entspricht dem Reglement. Da niemand
1000 Stockhiebe lebend überstehen würde ist es deshalb in wöchentlich
50 Stck gsplittet. Und vor jedem Durchgang muß ein "Amtsarzt" erst das
ausreichende Verheilen der letzten Wunden attestieren. Vorige Woche
war da noch etwas Zeit nötig. Aber bei 10 Jahren Knast bleibt genug davon.
Einzige Chance wäre eine Amnestie anläßlich des Führungswechsels
im Saudischen Königshaus. Na, schaun wir mal......

COOLmann · 23. Januar 2015, 17:32

Die Nachfolge des verstorbenen Königs Abdullah
tritt sein 79-jähriger Halbbruder Salman an.
Er ließ schon mal verlautbaren, daß er die Politik
seines Vorgängers naht los weiterführen wird.
Sieht nicht so aus, als ob der Mensch Badawi
davon profitieren könnte.

Grizzly · 24. Januar 2015, 08:59

Die Frage ist nur, wie kann dieses religiöse Regimezu unseren "Freunden" gehören? Darauf fallen mir nur ziemlich böse Antworten ein.......

Mir auch, liebe COOLmann :boese:

Für eine Entwarnung ist es nach Ansicht von Amnesty International jedoch zu früh, Raif Badawi sei nach wie vor in Gefahr. „Anstatt Raif Badawi zu quälen, indem sie immer wieder neu Gutachten erstellen lassen, sollten die Behörden öffentlich verkünden, dass sie ihm keine weiteren Stockhiebe verabreichen werden und ihn umgehend und bedingungslos freilassen,“ sagte Said Boumedouha, Experte für den Nahen Osten und Nordafrika bei Amnesty International. Die Organisation hatte am Donnerstag gegen Badawis Bestrafung vor der saudischen Botschaft in Berlin zu einer Demonstration aufgerufen, an der unter anderem der Grünen-Politiker Cem Özdemir teilnahm.

faz.net/aktuell/feuilleton/blo…nhiebe-mehr-13385784.html

Das heisst, nix Genaues weiss man noch nicht :traurigdenkend:

COOLmann · 24. Januar 2015, 16:25

So einfach die Srafe erlassen oder begnadigen können
sie dort nicht. Da die "sharia" (abgeleitet von den Regeln,
die der da oben aufgestellt und durch seinen Propheten M.
uns überbracht hat) die Grundlage für die Verurteilung war,
kann kein Mensch auf Erden dieses Urteil einfach so aufheben.
(Könnte schon, würde aber gegen den Grundfesten des muslimischen
Gemeinwesens verstoßen.)
Die Praktiker im islamischen Rechtswesen haben aber auch so
ihre "Ausweichvarianten". Ganz beliebt ist die Feststellung der
"Unzurechnungsfähigkeit" des Verurteilten. Dies erwirkt eine deutliche
Srafmilderung. Wobei ich nun nicht weiss, was für Auswirkungen
dies auf sein Leben in der muslimischen Gemeinschaft hat.
Wir haben da ja auch solche Dinge wie: "Sicherheitsverwahrung
auf Lebenszeit".......

PS: Habe gerade noch mal ein aktuelles Interview mit der Frau von
Herrn Badawi auf "al jaz" durchgelesen (natürlich nach der Übersetzung
ins Deutsche :sflocke_zwinkern:) Der Antrag auf Strafaussetzung/Revision
ist dem Obersten Gericht dort schon vor der ersten Auspeitschung
zugegangen und wurde nicht berücksichtigt. Sie hofft nun auf irgend-
welche humanitären Sonderregelungen. Doch auch das ist nicht sicher....
In dem Zusammenhang mal der schwerwiegenste Anklagepunkt:
"Beleidigung des Islam." Höchststrafe: Kopf ab
(Aus anderer Quelle)
Und zwar hat er im Internet die Aussage gemacht ( deswegen auch
immer als Blogger bezeichnet) : "Alle Religionen sind gleichwertig,
Islam, Christentum, Judentum und die vielen anderen."
Ihn einfach so freizulassen bedeutet für das saudische Königshaus als
Hüter des sunnitischen Islam und seinem religiösen Wahrzeichens
"Mekka"eine so tiefgreifende Erniedrigung, daß es schier unmöglich
erscheint.

Grizzly · 25. Januar 2015, 11:05

Da hätte ich gute Lust, ein oder mehrere saudische Geschäftsleute zu kidnappen und ihnen dann regelmäßig unter Videokontrolle einen Satz Peitschenhiebe zu verabreichen, es müssen ja nicht gleich 50 auf einmal sein, so lang, bis die saudischen Behören parieren und Badawi ausreisen lassen. Leider fehlt mir dazu die Infrastrukur.

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