NS-Vergangenheit der Evangelischen Kirche

      NS-Vergangenheit der Evangelischen Kirche

      Wie ist die evangelische Kirche mit ihrer Rolle im Nationalsozialismus umgegangen? Über diese Frage wurde lange geschwiegen, in Schleswig-Holstein. Bis die Kirche selbst eine entsprechende Studie in Auftrag gab. Unter dem Titel "Neue Anfänge? Der Umgang der evangelischen Kirche mit der NS-Vergangeneit und ihr Verhältnis zum Judentum" hat der Historiker Stephan Linck auf 350 Seiten geschichtliche Fakten zusammengetragen und ist dabei, so sagt er es selbst, auf eine Reihe von "Gruselgeschichten" gestoßen. Darunter die von ehemaligen Nazi-Bischöfen, die nach 1945 erneut zu Pastoren wurden, von Kirchenvertretern, die die Aufklärung von Nazi-Verbrechen aktiv behinderten oder von einem kirchlichen Informationsdienst, dessen Strukturen den Autoren der Studie stark an den Sicherheitsdienst der SS erinnerten.

      Im Zuge seiner Recherchen stieß der Kirchenhistoriker Stephan Linck auf den "Vertraulichen Informationsdienst" der evangelischen Kirche - ein Aspekt Schleswig-Holsteinischer Kirchengeschichte, der ihn besonders schockiert. Dieser Dienst wurde über die Pressestelle der Landeskirche organisiert. Dessen Leiter: Der ehemalige SS-Mann Hans Beyer. Während des Dritten Reiches hatte Beyer das Institut für Volkslehre- und Nationalitätenkunde geleitet, das der Massenvernichtung von Menschen einen pseudo-wissenschaftlichen Anstrich verleihen sollte. Nach Kriegsende übernahm er die Leitung der Pressestelle und initiierte den "Vertraulichen Informationsdienst".

      Mithilfe des "Vertraulichen Informationsdienstes" wurden zunächst einmal Mitglieder der Kirchenleitung über die aktuellen politischen Entwicklungen und Akteure informiert. Doch Lincks Recherchen ergeben noch mehr. Danach sollen Pastoren auch gezielt denunziert worden sein, zum Beispiel solche, die sich gegen die Wiederbewaffnung Deutschlands eingesetzt hatten.
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      Für die schleppende Aufarbeitung hat Kirchenhistoriker Linck vor allem eine Erklärung: "Nach dem Zusammenbruch des Nationalsozialismus wollte die Kirche wieder Volkskirche sein. Dafür musste man Opfer bringen - in Form eines Konsenses mit der Mehrheitsbevölkerung." Landesbischof Gerhard Ulrich ist das nicht genug. Im Vorwort der Studie sagt er, das Gesamtbild der Kirche sei in den Jahren nach dem dritten Reich von einer Verweigerung zur Auseinandersetzung geprägt gewesen. "Mittäterschaft wurde geleugnet, Bekenntniswidrigkeit zur Bagatelle erklärt, gegenüber ehemaligen Verfolgten verhielt man sich oftmals schäbig."

      Ganzer Text: ndr.de/regional/schleswig-holstein/nordkirche279.html
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      Entspanne dich. Lass das Steuer los. Trudle durch die Welt. Sie ist so schön.
      - Kurt Tucholsky -