Nazi-Freund: Olympia-Ruderin reist ab

      Nazi-Freund: Olympia-Ruderin reist ab

      Schnuppi hat das gestern Abend in den Nachrichten entdeckt, heute ist es schon überall im Netz:

      Gegen die Rostocker Ruderin Nadja Drygalla gibt es schwere Vorwürfe: Die 23-Jährige hat offenbar Kontakte in die rechtsextreme Szene. Die Athletin hat das deutsche Olympia-Team am Donnerstagabend überraschend verlassen und reiste vorzeitig ab. ( ... )

      Offensichtlich ist: Drygallas Lebensgefährte Michael Fischer war im vergangenen Jahr Landtags-Direktkandidat der rechtsextremen NPD in Rostock. Er schreibt regelmäßig für ein NPD-nahes Internetportal und ist führendes Mitglied der regionalen Kameradschaft "Nationale Sozialisten Rostock". Die Vorwürfe gegen die Ruderin Drygalla sind allerdings nicht neu. Schon im März 2011 kursierten Meldungen über die Vorzeige-Sportlerin, sie sei mit einem Neonazi aus Rostock liiert. Kurz danach schied Drygalla aus dem Polizeidienst des Landes Mecklenburg-Vorpommern aus - möglicherweise auch auf Druck ihres Dienstherrn. Sie war bis dahin Mitglied der Sportfördergruppe der Polizei.

      Ganzer Text: ndr.de/sport/drygalla105.html

      Dabei bleiben viele Fragen offen, die u.a. der SPIEGEL formuliert:
      Zum Beispiel behauptet der Ruderverband, erst am Donnerstag "Erkenntnisse zum privaten Umfeld" von Nadja Drygalla erhalten zu haben. Und das, obwohl Michael Fischer jahrelang in der Junioren-Nationalmannschaft ruderte und eine WM-Medaille holte? Was weiß der Ruderverband, der seine Sportler in wochenlangen Trainingslagern vorbereitet und über Tausende leistungsdiagnostische Daten seiner Athleten verfügt, wirklich über die Menschen, die er für Olympische Spiele auswählt? Warum hat Drygalla im vergangenen Jahr die Polizeischule Güstrow verlassen?

      Ganzer Text: spiegel.de/panorama/gesellscha…al-im-sport-a-848100.html
      Grizzly sein :senf2:

      Man kann da nicht einfach sagen: Wo die Liebe hinfällt ...
      Die NPD ist zwar noch nicht verboten, aber Nazis sind miese Verbrecher - wenn sie mit einem islamistischen Aktivisten liiert gewesen wäre, hätte es ähnliche Probleme gegeben. Bei einer (oder einem) Erwachsenen, die unsere Gemeinschaft (die der Menschen in Deutschland) international präsentieren soll, muss man schon verlangen, dass sie gegenüber dem Lebensgefährten ein Machtwort spricht: "Also entweden ich - oder Deine Nazis."

      Stattdessen hat sie letztes Jahr zugelassen, dass dieser Herr ihr die Polizeikarriere vermasselt, das gibt zu denken und Anlass zu dem Verdacht, dass ihre Geisteshaltung, selbst wenn sie das bisher nicht öffentlich oder in Sportlerinnenkreisen geäussert hat, sich nicht so arg von der des Herrn Fischer unterscheidet.
      Und spätestens dann hat sie weder bei der Polizei noch im internationalen Sport etwas verloren.
      :reg:
      :wechsel:
      Entspanne dich. Lass das Steuer los. Trudle durch die Welt. Sie ist so schön.
      - Kurt Tucholsky -
      Da bin ich jetzt aber mal völlig anderer Meinung.
      Jeder hat die Freiheit sein sein Privatleben zu leben, wenn es keinen Einfluss auf die Karriere hat.
      Ich, der sich selbst eher zum linken Lager zählt, habe einige Freunde, die aktiv bei der NPD sind, und niemals habe ich Probleme mit ihnen, beispielsweise bei Diskussionen über Politik.
      Wie erwähnt, ist die Partei nicht verboten, da noch immer Meinungsfreiheit besteht. Nicht alle, die politisch aktiv sind, haben beispielsweise die selben Vorstellungen, die man an einige wenige öffentliche Aussprüche knüpft, ohne sich mit den Hintergründen zu beschäftigen.
      Das Ausscheiden aus dem Polizeidienst war wohl auch eher von höherer Stelle gewollt, gerade in Mecklenburg Vorpommern macht sich eine solche Verbindung nicht gut.
      In meinen Augen ist das auch schon eine Diskriminierung; "Du verhältst dich, wie ich es erwarte, oder deine Leistungen sind null und nichtig!"

      Sorry, das ist meine Meinung.
      @ Ilja:

      Ich denke, wenn jemand im Vorsteand eines NPD-Landesverbands aktiv ist und als solcher andere Menschen bedroht, wie besagter Michael Fischer kürzlich auf der Gedenkveranstaltung für Mehmet Turgut, einer der Mordopfer der NSU-Terroristen, dann ist das eine andere Sache, als vielleicht ein einfaches NPD-Mitglied oder Sympathisant (für mich auch das schon schwewr auszuhalten).

      Da muss sich die junge Dame schon entscheiden: Berufliche bzw. sportliche Karriere oder der Naziverbrecher.
      Offensichtlich hat sie das - leider für die falsche Seite.

      P.S.
      Die NPD keine Partei wie jede andere, sondern die Nachfolgepartei der NSDAP - für welche unfassbaren Verbrechen die verantwortlich ist, brauche ich Dir nicht zu sagen.
      Und in den 50er/60ern haben in Deutschland noch jedem Menge alter Nazis, auch Politiker und vor allem Lehrer (deren Grausamkeiten und Zynismen u.a. ich zu geniessen die Ehre hatte) ihr Unwesen getrieben. Die Bundesregierung war und ist auf diesem Gebiet weitestgehend blind, sonst wäre die NPD längst verboten.

      Eigentlich hatte ich ja gehofft, dass die alten Nazis allmählich aussterben, aber durch die Ignoranz der Bundesregierung und der DDR-Behörden v.a. während der Wende hat sich diese braune Pest auch in den Osten ausgebreitet. Inzwischen ist eine neue Verbrechergeneration herangewachsen, viel gefährlicher als die alte, deren Tage gezählt sind.
      Daher meine für ausserhalb Deutschlands Lebende (im Schwedenforum stoße ich manchmal auf ähnliches Unverständnis) vielleicht nicht ganz nachvollziehbare Wut und, jawohl, an diesem Punkt auch das, Intoleranz.
      :reg:
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      - Kurt Tucholsky -
      Kommentar der Hannoverschen Neuen Presse
      - aus ndr.de/sport/drygalla117.html
      Seitdem die 23-jährige Athletin Nadja Drygalla gestern Morgen das Olympische Dorf verlassen hat, läuft die deutsche Sportpolitik mehr und mehr aus dem Ruder. Der Versuch des deutschen Chefs der Mission, Michael Vesper, dem Skandal durch eine 'freiwillige Abreise' der Rostockerin - verbunden mit ihrer Distanzierung von nationalsozialistischem Gedankengut - die Dynamik zu nehmen, ist fehlgeschlagen. Wie glaubhaft ist so eine Erklärung, wenn die Frau offenbar mit einem Nazi-Funktionär liiert ist und wegen dieser Verbindung den Polizeidienst quittieren musste? Der Vorwurf der Sippenhaft zieht nicht, denn Drygalla hätte mit einer öffentlichen Erklärung in London den Vorwürfen angemessen begegnen können. Stattdessen aber reiste sie sang- und klanglos ab, offenbar gemeinsam mit Michael Fischer, dem rechten Agitator, NPD-Sympathisanten - und Ex-Ruderer.
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      - Kurt Tucholsky -
      Original von Ilja
      Da bin ich jetzt aber mal völlig anderer Meinung.
      Jeder hat die Freiheit sein sein Privatleben zu leben, wenn es keinen Einfluss auf die Karriere hat.


      Diese Argumentation kann ich so gar nicht nach voll ziehen.
      Eine politische Einstellung zu haben ist die eine Sache und diese spätestens in einer geheimen Wahl kundzutun ebenfalls, sonst bräuchte sie nicht geheim zu sein, eine andere Sache ist ob rassistisches Gedankengut weitertransportiert wird.
      M.E. geschieht dies durch die NPD und ich kann nur Vermutungen anstellen warum es diese Partei noch immer geben darf.

      Um auf :frau: Drygalla zurück zu kommen:
      Wenn sie sich als Lebensgefährten einen NPD-ler "aussucht" ist das sicherlich ihre Privatsache, doch muss sie dann auch mit den Folgen leben.
      Nein, da gibt es für mich nichts zu tolerieren und so jemand hat auch nichts auf einer internationalen sportlichen Veranstaltung/ Wettkampf zu suchen.
      Hätte sie z.B. gesiegt dann hätten sie und ihr Freund auch wieder tolle Argumente in der Hand gehabt wie toll die Deutschen doch sind.
      Das sie selbst bisher verbal keine Stellung bezieht und ihrem Freund "treu" bleibt deutet für mich sehr stark darauf hin das sie der NPD zumindest nicht abgeneigt ist. Das aber passt nicht zu internationalen Wettkämpfen, wo alle möglichen Nationalitäten aufeinandertreffen und auch zeigen das es sehr wohl möglich ist, das wir Menschen, egal woher, durchaus friedlich miteinander leben und kommunizieren können wenn wir es wollen.

      Ich sage nicht das Drygalla fremdenfeindlich ist, jedenfalls hat sie sich, bis jetzt, äußerlich nichts anmerken lassen, doch sie scheint zumindest nicht ihre gesamte Denkfähigkeit einzusetzen.
      :o_linie3:


      Jede Reise hat zwei Höhepunkte:
      den einen, wenn man hinausfährt,
      erlebnishungrig und voller Erwartung -
      und den anderen, wenn man heimkehrt, gesättigt von den Eindrücken
      und in Vorfreude auf das eigene Zuhause.

      (Heinrich Spoerl, Auszug aus "Die Hochzeitsreise)
      Die Ruderin Nadja Drygalla hat sich deutlich von rechtsextremen Ansichten distanziert. Auch sei ihr Freund Michael Fischer seit Mai dieses Jahres kein NPD-Mitglied mehr und habe "persönlich mit dieser ganzen Sache gebrochen und sich verabschiedet".

      Sie spreche sich gegen rechtsextreme Ideologie aus, sagte sie der Nachrichtenagentur dpa. "Ich habe keine Verbindung in seinen Freundeskreis und diese Szene gehabt und lehne das absolut ab."

      zeit.de/sport/2012-08/drygalla-rechtsextremismus

      Grizzly sein :©senf1:

      Dass Herr Fischer der NPD nicht mehr angehört, sagt allein noch nichts.
      Die "Kameradschaften" - er war bisher Aktivist der "Nationale Sozialisten Rostock" (NS Rostock) - sind noch gefährlicher als die NPD. Der Mann muss jetzt Druck bekommen, damit er definitiv aus der Szene aussteigt und sich glaubhaft öffentlich distanziert. Bisher sieht das noch nicht so aus.
      Fischers Mitteilungen aus der Olympia-Stadt London klingen nur vordergründig moderat: "Ich habe tatsächlich auch kein Problem mit den Briten. Auch wenn hier einige Denkmäler schon arg fragwürdig sind." Humorig bezeichnet sich der dunkelhaarige Brillenträger auf seiner Sport-Tourismus-Tour als "Neonazi-Monster", unterwegs mit der Kamera. Die sei seine "gefährlichste Waffe".

      Zu Hause in Mecklenburg-Vorpommern gilt der Neonazi mitnichten als harmlos. Dem antifaschistischen Infoportal "Kombinat Fortschritt" zufolge soll Fischer die Störungs-Aktion im Februar mit rund 30 überwiegend vermummten Neonazis sogar angeführt haben. Während sich die meisten Rechts-Autonomen bedrohlich verteilten, fotografierte er die Szenerie, die Fotos tauchten später auf der Homepage der als militant geltenden Kameradschaft auf. Auch sei es dabei zu "Tumulten" mit der Polizei gekommen und ein Beamter in Zivil wurde von einer geworfenen Eisenstange getroffen und verletzt.
      zeit.de/gesellschaft/zeitgesch…12-08/npd-michael-fischer


      Eine Kamera in Händen eines Nazis z.B. auf einer antifaschistischen Kundgebung ist in der Tat eine gefährliche Waffe, denn schon oft wurden danach einzelne Teilnehmer angegriffen und verletzt, in Einzelfällen sogar tödlich. Deshalb braucht der Herr jetzt Druck und nochmal Druck.

      Und es gibt noch einen Grund für absolute, wirklich absolute Null-Toleranz gegenüber Rechtsradikalen im deutschen Sport - das schreibt übrigens die in keiner Weise mit linkem Gedankengut sympathisierende WELT:
      Die Causa Fischer-Drygalla ist auch insofern problematisch, als dass Experten ohnehin schon lange vor der Verbindung Rechtsextremismus und Sport warnen. In vielen Sportvereinen engagieren sich Neonazis und finden dort nicht selten eine Basis, um ihre rassistische und menschenfeindliche Ideologie zu verbreiten. Sportklubs sind häufig auch Anlaufpunkt, um "Nachwuchs" für die eigenen Organisationen zu gewinnen. Fachleute sprechen in diesem Zusammenhang von einer "offensiven Normalisierungsstrategie der extremen Rechten". Sollten sie nun mit einer Sportlerin werben können, die dem rechten Umfeld nahesteht, würde dies ihren Bestrebungen extrem in die Karten spielen. Eine "Nazi-Braut" aus dem Olympiakader als Aushängeschild quasi.


      Im Fall eines definitiven Ausstiegs Fischers aus der NS-Szene hätte dieses Drama auch für Frau Drygalla persönlich einen Sinn gehabt, denn dann ist der Mann, den sie offensichtlich liebt, kein Verbrecher mehr, und es wäre dann sowohl gegen eine weitere sportliche Karriere noch eine bei Polizei oder Bundeswehr (was sie ggf. beabsichtigt) irgendetwas einzuwenden. Aber der Ausstieg muss glaubhaft sein - das wird nicht einfach, aber auch dafür gibt es Hilfen, wzB. EXIT.
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      - Kurt Tucholsky -
      Die Frankfurter Rundschau hat einen hervorragenden Kommentar zu dem Thema geschrieben - ganzer Text hier[URL=http://www.fr-online.de/politik/kommentar-kein-mitleid-mit-drygalla,1472596,16841542.html] :klick:[/URL]
      Kein Sex für Nazis

      Beziehungen sollen Privatsache sein. Wer allerdings Neonazis in seinem Umfeld, Freundeskreis oder seiner Familie akzeptiert, unterstützt die rechte Szene mit seinem Wegsehen. Ob die betroffene Person das nun will oder nicht.

      Nicht umsonst gibt es die Initiative: Kein Sex für Nazis. Sie zielt auf einen konkreten Punkt bei der Bekämpfung von Neonazis ab – deren akuter Frauenmangel. Für junge Männer wird eine politische Einstellung nun mal unattraktiv, wenn sie ihnen den Zugang zum anderen Geschlecht verwehrt. Denn bei aller Kameradschaft – ganz unter sich wollen die Nazis dann doch nicht bleiben.

      „Wo die Liebe hinfällt“, zitieren viele nun schmachtend alte Binsenweisheiten. Eine solche kindliche Bevormundung wird einer erwachsenen Sportlerin nicht gerecht. Schon gar nicht, wenn sie sich zwar die Verantwortung zutraut ganz Deutschland zu vertreten, sich aber bei der Wahl ihres Partners teenagerhaft schicksalsergeben gibt.

      Sie hat ja nichts getan, lautet eines der beliebtesten Argumente ihrer zahlreichen Verteidiger. „Alles, was für den Triumph des Bösen notwendig ist, ist dass gute Menschen nichts tun“. Das Zitat das Edmund Burke zugeschrieben wird, trifft den Kern. Als Michael Fischer Anfang des Jahres auf einer Trauerkundgebung für eines der NSU-Opfer seine Hassparolen grölte. Als er versuchte die trauernden Familienmitglieder einzuschüchtern und von der Kundgebung Videos drehte. Als er von dieser Veranstaltung als einer „Ausländerlobby“ in den Foren der Nazis schrieb – wo war Drygalla da? Saß sie in Ruhe zu Hause, bei Kaffee und Kuchen? Hatte sie wirklich keine Ahnung was der Mann mit dem sie lebt da tat?

      Olympioniken sollen sich zu den demokratischen Werten unseres Landes bekennen. Sie stehen nicht nur für unsere sportliche Leistung, sie sind für die Spiele die Vertreter unserer Kultur, unseres Fleiß, unseres Ehrgeiz. Eine Sportlerin, die es schafft einem Neonazi jahrelang tatenlos bei seinem Treiben zuzusehen, ist schlichtweg ungeeignet und als Repräsentantin untragbar. Denn: Es ist naiv zu glauben, dass ein Szenebekannter wie Michael Fischer seine Meinung einfach Abends an der Garderobe abgibt und Drygalla so gar keinen Kontakt zur Szene gehabt haben soll.

      Vielleicht sollte man ihr anrechnen, dass sie letztendlich doch noch den Mut zu einer Konfrontation mit ihrem Lebensgefährten gefunden hat. Vielleicht sollte man ihr aber auch nachtragen, dass sie dies erst zu einem Zeitpunkt tat, als sie – berechtigt – negative Auswirkungen für ihre Sportlerkarriere befürchtete.
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      - Kurt Tucholsky -