Kinder schlagen im Namen Gottes

      Kinder schlagen im Namen Gottes

      Die eigenen Kinder mit der Rute züchtigen, weil das so in der Bibel steht - christliche Prediger, die dazu aufrufen oder Buchverlage, die solche Thesen verbreiten, rufen nach Ansicht der Grünenpolitikerin Miriam Staudte zu Straftaten auf. Deshalb hat die stellvertretende Fraktionsvorsitzende im Niedersächsischen Landtag Strafanzeige gestellt: gegen die Herausgeber von derartigen evangelikalen Erziehungsratgebern sowie gegen den Prediger Wilfried Plock.

      "Wer Kinder schlägt, begeht nicht nur Körperverletzung, sondern schädigt die Entwicklung eines Kindes für das ganze Leben", sagte Staudte am Mittwoch in Hannover. Sie nahm in ihrer Anzeige Bezug auf einen Bericht von NDR.de und Hallo Niedersachsen. Darin wurde aus christlichen Erziehungsratgebern zitiert, in denen die körperliche Züchtigung trotz Verbots in Deutschland als Erziehungsmethode gepriesen wurde. Auch Plock hatte so argumentiert: "Es gibt einen extra von Gott gepolsterten Platz mit vier Buchstaben: P-O-P-O. Da kann man Kinder unter Umständen hinschlagen, auch mit einer Rute."
      ndr.de, ganzer Text :hereklick:
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      - Kurt Tucholsky -
      Wenn ich von solchen Einstellungen höre, geht mir der Hut hoch, erinnere ich mich doch noch deutlich an die in den 50ern und frühen 60ern übliche Schwarze Pädagogik, in der einem Kind klar gemacht wurde, dass es keinen eigenen Willen zu haben hat, und dass Erwachsene scheinbar alles dürfen.
      Die "Schwarze Pädagogik" ist nach Alice Miller (1983, S. 76ff.) dadurch gekennzeichnet,
      - dass die Erwachsenen Herrscher über das abhängige Kind sind
      - dass die Erwachsenen über Recht und Unrecht bestimmen können wie Götter
      - dass der Zorn der Erwachsenen aus ihren eigenen Konflikten stammt
      - dass sie das Kind für ihre eigenen Probleme und Konflikte verantwortlich machen
      - dass die Erwachsenen die Meinung vertreten, die Eltern sind immer zu schützen
      - dass die Erwachsenen die Meinung vertreten, lebendige Gefühle des Kindes bedeuten für ihre Herrschaft über das Kind eine Gefahr
      - dass man dem Kind so früh wie möglich seinen "Willen nehmen" muss
      - dass in der Erziehung alles sehr früh geschehen soll, damit das Kind davon noch möglichst wenig mitbekommt und den Erwachsenen nicht verraten kann.

      Schwarze Pädagogik ist darum bemüht, dem Kind von den ersten Lebensmonaten an Informationen über die Welt und seine Umwelt zu vermitteln, die in der gleichen Form schon über Generationen hinweg vermittelt worden sind. Solche Interpretationen der Welt werden von den Kindern übernommen und internalisiert, obwohl sie zum großen Teil nachweislich falsch sind. So wird Kindern in der schwarzen Pädagogik klargemacht,

      dass aus Pflichtgefühl Liebe wird
      dass man den Hass mit Verboten aufheben kann
      dass Eltern von vornherein, einfach weil sie Eltern sind, Achtung verdienen
      dass Kindern eine solche Achtung von vornherein nicht entgegengebracht werden muss
      dass Gehorsam stark macht
      dass eine hohes Selbstwertgefühl schädlich ist
      dass dagegen eine niedrige Selbsteinschätzung menschenfreundlich macht
      dass Zärtlichkeiten verweichlichen und schädlich sind
      dass es richtig ist, auf kindliche Bedürfnisse nicht einzugehen
      dass Härte und emotionale Kälte ausgezeichnet aufs Leben vorbereiten
      dass vorgespielte Dankbarkeit besser ist als ehrliche Undankbarkeit
      dass das, was man tut, wichtiger ist, als das, was man ist
      dass die Eltern und Gott keine Kränkungen aushalten können
      dass der Körper etwas Schmutziges und Ekelhaftes darstellt
      dass heftige Gefühle schaden
      dass die Eltern rundum triebfrei und Wesen ohne jede Schuld sind
      dass Eltern immer Recht haben
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      Entspanne dich. Lass das Steuer los. Trudle durch die Welt. Sie ist so schön.
      - Kurt Tucholsky -