Horst-Eberhard Richter gestorben

      Horst-Eberhard Richter gestorben

      Daheim in Gießen, die Kekse standen auf dem Kaffeetisch, hat Horst-Eberhard Richter bei unserem letzten Gespräch über neue Projekte sinniert. Der kleine Mann mit dem großen Einfluss dachte diesmal an nichts Weltbewegendes. „Wenn ich mal wieder was schreibe“, sagte er, „dann über Bergsteigerei und Zermatt“.

      Er hat das nicht mehr geschafft. Am Montag ist der Psychoanalytiker im Alter von 88 Jahren nach kurzer Krankheit im Kreis seiner Familie gestorben.

      Richter war ein Mann für das Große und Ganze, für Demokratie und Menschenrechte, ein Vorreiter für eine politisch verstandene Psychoanalyse, ein populärer Autor und Friedenskämpfer. Vor allem aber: ein Ermutiger. Wahrscheinlich wäre auch sein Buch über das Bergsteigen zur Betrachtung über Solidarität und Gemeinsinn geworden.

      Bis zum Schluss verfügte der ungeheuer produktive Richter über ein Büro der Gießener Universität im ersten Stockwerk eines kleinen Hauses. Dort stapelten sich die Bücher – neue vor allem, denn auch mit Ende 80 verfolgte er aktuelle Entwicklungen mit wachem Interesse. Auf US-Präsident Barack Obama setzte Richter Hoffnungen, und mit Freude beobachtete er, wie sich gegen Stuttgart 21 eine Protestbewegung entwickelte. ( ... )

      Das Zusammenspiel von Michail Gorbatschow und Ronald Reagan zum Ende des Kalten Krieges war für ihn ein leuchtendes Beispiel. Richter kannte beide und erzählte gerne davon, wie der US-Präsident zum sowjetischen Staatschef sagte: „Wenn Außerirdische kommen und die Erde bedrohen, würden wir doch auch zusammenarbeiten.“ Und Gorbatschow entgegnete: „Wir müssen nicht warten.“ ( ... )

      Richter war als junger Mann aus Berlin in den Zweiten Weltkrieg geschickt worden. Als er nach Hause zurückkehrte, erfuhr er, dass russische Soldaten seine Eltern getötet hatten. Aus der Trauer und dem Schmerz entwickelte er die klare Haltung: „Ich will dafür kämpfen, dass so etwas nicht mehr passiert."

      Mit dem Buch „Alle redeten vom Frieden“ wurde Richter 1982 zu einem Kopf der Friedensbewegung. Der Organisation „Internationale Ärzte zur Verhütung des Atomkriegs“, deren deutschen Zweig er 1982 mitbegründete, blieb der Gießener bis zuletzt eng verbunden. Der Friedensnobelpreis, den die Organisation 1985 erhielt, machte Richter stolz.

      Frankfurter Rundschau, ganzer Text [URL=http://www.fr-online.de/politik/horst-eberhard-richter-der-ermutiger-ist-tot,1472596,11334484.html]:klick:[/URL]

      Horst-Eberhard Richter war mir als Arzt und als Mensch ein Vorbild, ich hbe ihm des Öfteren auf Kundgebungen der Friedensbewegung oder auf Veranstaltungen der "Ärzte gegen Atomkrieg" erlebt und ich finde es schade, dass er nicht mehr da ist. :abschied1:
      :reg:
      :wechsel:
      Entspanne dich. Lass das Steuer los. Trudle durch die Welt. Sie ist so schön.
      - Kurt Tucholsky -
      Auch mich macht es sehr traurig das er nun nicht mehr da ist - jedenfalls nicht wirklich sichtbar.
      Doch er wird :hoffen: ich, weiterhin ein Vorbild für viele bleiben.
      Jene, die ihn nicht kennenlernen konnten, wie z.B. Dir lieber Hälsing, kann ich nur anraten seine Bücher zu lesen.
      Seine Seele, seine Liebe, sein Anliegen, seine Weisheit - so viel ist darin zu entdecken.

      :kerzenlicht:
      :o_linie3:


      Jede Reise hat zwei Höhepunkte:
      den einen, wenn man hinausfährt,
      erlebnishungrig und voller Erwartung -
      und den anderen, wenn man heimkehrt, gesättigt von den Eindrücken
      und in Vorfreude auf das eigene Zuhause.

      (Heinrich Spoerl, Auszug aus "Die Hochzeitsreise)
      Für die, die ihn nicht kannten:

      Geboren am 28. April 1923 in Berlin, Studium der Medizin, Philosophie und Psychologie, ab 1941 Wehrmachtssoldat, Leiter des Berliner Psychoanalytischen Instituts, Direktor des Psychosomatischen Universitätszentrums in Gießen und des Sigmund-Freud-Instituts Frankfurt, Mitgründer der westdeutschen Sektion der Ärzte gegen den Atomkrieg (IPPNW). Er lehnte das Bundesverdienstkreuz dreimal ab mit der Begründung, dass zu viele Altnazis diesen Orden auch bekommen haben.

      Bücher (Auswahl):
      "Eltern, Kind und Neurose. Die Rolle des Kinder in der Familie" (1962), "Flüchten oder Standhalten" (1976), "Lernziel Solidarität" (1974), "Alle redeten vom Frieden. Versuch einer paradoxen Intervention" (1984), "Wer nicht leiden will, muss hassen. Zur Epidemie der Gewalt" (1993), "Versuche die Geschichte der RAF zu verstehen" (1996), "Ist eine andere Welt möglich? Für eine solidarische Globalisierung" (2003), "Moral in Zeiten der Krise" (2010).

      Auszeichnungen (Auswahl):
      Preis der Schweizer Gesellschaft für Psychosomatische Medizin (1970), Theodor-Heuss-Preis für seine maßgebliche Beteiligung an der Reform der deutschen Psychiatrie und Sozialpsychiatrie (1980), Friedensnobelpreis für Ärzte gegen den Atomkrieg, deren Ehrenvorsitzender er war (1985), Urania-Medaille für herausragende Wissenschaftler (1993), Deutscher Fairness Preis (2001).

      Aus dem heute in der TAZ zu lesenden Nachruf "Der Therapeut der Republik":link:
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      :wechsel:
      Entspanne dich. Lass das Steuer los. Trudle durch die Welt. Sie ist so schön.
      - Kurt Tucholsky -