Internetsperren gegen Kinderpornographie - eine Seifenblase ?

      Internetsperren gegen Kinderpornographie - eine Seifenblase ?

      Fünf große Internetanbieter haben eine Vereinbarung zur Sperre von Kinderpornografieseiten unterzeichnet. Damit soll der Zugriff auf solche Inhalte im Internet massiv erschwert werden. Die Vereinbarung mit dem Bundeskriminalamt (BKA) geht zurück auf eine Initiative von Familienministerin Ursula von der Leyen.

      Spätestens in sechs Monaten werden Internet-Nutzer, die kinderpornografische Seiten anklicken, nun ein rotes Stoppschild oder eine vergleichbare Warnung sehen.

      "Kinderpornografie im Internet ist die Vergewaltigung von Kindern vor laufender Kamera", sagte von der Leyen, die die Verträge ausgehandelt hat. Die Opfer würden immer jünger und die Taten immer brutaler. Die CDU-Politikerin verwies darauf, dass andere Länder schon seit Jahren erfolgreich solche Seiten sperrten. BKA-Präsident Jörg Ziercke betonte, es sei ein wichtiges Signal, dass sich Deutschland diesem Verbund nun anschließe.
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      Zu den Vertragsunterzeichnern gehören die Unternehmen Deutsche Telekom, Vodafone/Arcor, Telefonica/O2, Kabel Deutschland und Hansenet/Alice. Diese Provider decken 75 Prozent des Internetmarktes in Deutschland ab. ( ... )
      Quelle: Tagesschau


      Nicht nur der bekanntermaßen zensurkritische Chaos Computer Club, sondern auch eine Selbsthilfeorganisation von selbst sexuell Misshandelten, lehnen den Netzsperrplan als wirkungslos und kontraproduktiv ab:


      Interview von ZEIT-ONLINE mit Christian Bahls von MEGIS

      ZEIT ONLINE: Warum sind Sie gegen Frau von der Leyens Plan der Netzsperren?

      Bahls: Weil er Kinderpornografie nicht bekämpft. Da ist irgendwo im Internet ein Missbrauch dokumentiert und die Bundesregierung schaut weg. Und sagt uns Bürgern, wir sollen auch wegschauen. Was noch viel krasser ist: Es werden zwischen den Staaten nur die Sperrlisten für die Filter ausgetauscht. Doch niemand bekämpft in seinem eigenen Land die Server, auf denen die Inhalte lagern. Wenn die zu den 1.500 Adressen gehörenden Server in den USA, Holland, Kanada und Deutschland dicht gemacht würden, die derzeit existieren, wären 90 Prozent der weltweit mit einem Browser erreichbaren Kinderpornografie nicht mehr verfügbar.

      Auf der norwegischen Sperrliste, die das Bundeskriminalamt unter anderem verwenden will, sind beispielsweise auch 25 deutsche Server verzeichnet, mit 70 genuinen Domain-Namen. Insgesamt gibt es hierzulande sogar über 200 Domain-Namen. Von denen ist ein großer Teil bei einer Firma geparkt, auf deren Seite Domains verkauft werden können. Damit hat diese Firma wahrscheinlich echte Kontaktdaten. Wie sollen sonst die Verkäufe abgewickelt werden? Das Bundeskriminalamt müsste nur zu dieser Firma gehen und die Inhaber der Domains ermitteln.
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      Bahls: Ich habe ihr (Frau von der Leyen/Anm: Lefteri) eine Email geschrieben, dass es laut der norwegischen Liste einen aktiven Server gibt, der mit einer Wahrscheinlichkeit von 99,5 Prozent in Deutschland steht, höchstwahrscheinlich in Kiel. Das BKA behauptet, dass es nicht weiß, wo die Server sind. Möglicherweise benutzen die nur Windows und haben keine Ahnung, wie man solche Sperrlisten sachgerecht auswertet.

      ZEIT ONLINE: Aber können die Sperrlisten nicht ein Instrument von mehreren sein im Kampf gegen diese Kriminalität?

      Bahls: Wir sind für die effiziente Bekämpfung von Straftaten nach Paragraf 184 b. Dazu gehört aber, dass man die Inhalte aus dem Internet entfernt und die Inhaber der Server bestraft. Und über die Inhaber kommt man vielleicht auch an Leute, die so etwas herstellen und kann so verhindern, dass weitere Kinder missbraucht werden. Der Missbrauch muss unterbunden werden. Das aber geschieht nicht dadurch, dass die Bundesregierung ihren Bürgern Scheuklappen aufsetzt. :link:
      :reg:
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      Entspanne dich. Lass das Steuer los. Trudle durch die Welt. Sie ist so schön.
      - Kurt Tucholsky -