Portugal

      Vor kurzem las ich ein äusserst spannendes Buch:

      Pascal Mercier - Nachtzug nach Lissabon
      btb - ISBN: 3442734363

      Die Handlung, soweit ich sie bisher kenne:

      Ein Berner Gymnasiallehrer gerät durch rätselhafte Unstände
      an das Buch eines unbekannten portugiesischen Autors,
      und sein Leben gerät dadurch vollkommen aus den Fugen.
      Am gleichen Tag verlässt er den Unterricht
      und am gleichen Abend das Land mit dem Nachtzug, Richtung Lissabon.

      In Lissabon wird er allmählich mit dem Leben des -vor über 30 Jahren verstorbenen- Autors konfrontiert
      und lernt die Menschen kennen, die dieses Leben mit ihm geteilt haben,
      seine Menschlichkeit, seine Widersprüche, sein Leben in der Salazar-Diktatur
      und der aufkeimende Widerstand dagegen, an dem er sich beteiligt -
      das Ende der Diktatur erlebt er nicht mehr,
      er stirbt in etwa in dem Alter, in dem der Berner Lehrer jetzt ist
      (und ich - Grizzly - ebenfalls),
      und die "Nelkenrevolution" von 1974 wird nur als das, was sie inzwischen auch ist,
      nämlich als historisches Ereignis, gestreift.


      Das Buch erinnert mich an meine vier Reisen nach Portugal (1977, 1979, 1986, 1997)
      und an meinen Freund Wolfgang, der nicht mehr lebt,
      und der dieses Land geliebt und dort die meiste Zeit seines Lebens verbracht hat.
      Und an die Hoffnungen -und Illusionen- die wir uns in den 70ern hinsichtlich der Möglichkeiten
      diesen revolutionären Bewegung auch für uns gemacht haben,
      und was davon übrig geblieben ist -
      Erinnerungen, die mir keiner mehr wegnimmt.
      :reg:
      :wechsel:
      Entspanne dich. Lass das Steuer los. Trudle durch die Welt. Sie ist so schön.
      - Kurt Tucholsky -
      Ohne diese Historie hätte ich die strapaziöse Reise dorthin nicht angetreten -
      1977 zu viert in einem VW-Käfer, am ersten Tag von Heidelberg bis Limoges (westlich von Lyon), am zweiten bis Valladolid in Nordspanien, beide Male unter freiem Himmel im Schlafsack nächtigend, am dritten Tag ging 200 km vor Lissabon der Dachgepäckträger kaputt, auf dem wir unsere Rucksäcke und das Zelt gestapelt hatten, dann wurde es richtig eng im Auto; zum Glück waren unsere beiden portugiesischen Mitfahrerinnen wie viele ihrer Landsleute klein und schlank, was man von mir und meinem Beifahrer R. nicht behaupten konnte.

      Zurück zur Geschichte.
      1928 bis 1974 war Portugal eine Diktatur.
      Bis 1968 hiess der Diktator António de Oliveira Salazar, dann kippte er mit einem Schlaganfall aus seinem Liegestuhl und wurde durch seinen Vertrauten Marcelo Caetano ersetzt; bis auf ein paar Scheinreformen ging alles so weiter wie bisher.

      1974 hatte Caetano dann nicht nur die Linke und die Gewerkschaften gegen sich, sondern auch große Teile des Militärs, die es müde waren, vor allem in Afrika (Angola, Mosambik, Guinea-Bissau und Kap Verde) einen verlustreichen Kolonialkrieg zu führen. So erfolgte der Sturz der Diktatur zwar formal durch einen Militärputsch, aber der fand im Sinne und mit großer Unterstützung des Volkes statt. Um zu demonstrieren, dass sie nicht auf das Volk schiessen würden, steckten die Soldaten Nelken in ihre Gewehrläufe - daher der Name Nelkenrevolution.

      Das Signal zum Aufstand erfolgte in den frühen Morgenstunden des 25. April 1974 mit dem dreifachen Abspielen - und zusätzlichen Verlesen des Textes - des bis dahin verbotenen Liedes Grandola vila morena:

      [youtube]z_H1pYcI_l0[/youtube]:
      :reg:
      :wechsel:
      Entspanne dich. Lass das Steuer los. Trudle durch die Welt. Sie ist so schön.
      - Kurt Tucholsky -
      Als wir 1977 mit unserem vollgestopften VW-Käfer die spanisch-portugiesische Grenze passierten, war die Nelkenrevolution schon drei Jahre her. Damals war das noch eine richtige Grenze mit Passkontrollen auf beiden Seiten (ja, richtig mit Reisepass und Stempel rein !), wobei die Portugiesen das lockerer sahen als die Spanier: Die Guarda Civil hatte ein Häuschen, wo man seinen Pass hinbringen musste und gestempelt bekam bzw. gelegentlich kontrolliert wurde - die Portugiesen hatten einen Tisch auf die Straße gestellt, liessen sich die Pässe aus dem Auto heraus anreichen, hauten die Stempel rein, und weiter ging's.

      1986 - inzwischen waren beide Länder in der EU - reichte der Personalausweis, und man bekam seinen Pass nur noch auf Wunsch gestempelt.

      Irgendwann in den 90ern wurden die Grenzen innerhalb der iberischen Halbinsel abgeschafft, man konnte einfach durchfahren, und 1997 waren viele Postenhäuser der früher so gefürchteten Guarda Civil schon im Zerfall begriffen, andere mutierten zu Kneipen oder zu inoffiziellen Jugendtreffs.
      :reg:
      :wechsel:
      Entspanne dich. Lass das Steuer los. Trudle durch die Welt. Sie ist so schön.
      - Kurt Tucholsky -
      Ohne meinen eingangs erwähnten Freund Wolfgang, der 2002 gestorben ist,
      wär ich vermutlich nie nach Portugal gekommen. Diesen kann man als Portugal-Fan der ersten Stunde bezeichnen. Er lernte als Schüler in Hof einen portugiesischen Migranten kennen -wir andern wussten mühsam, dass es das Land überhaupt gab, ausserdem war es ja finsterste Diktatur, wie Spanien und Griechenland damals auch- fing an, portugiesisch zu lernen und reiste mit 16 das erste Mal dorthin.

      Seither war Portugal in jeden Sommerferien sein Reiseziel (per Autostopp) und das der um ihn gruppierten Clique ebenfalls - zu dieser Clique stiess ich 1968 zwar dazu, aber meine Eltern erlaubten mir derartigen Eskapaden damals nicht.

      Nach der Revolution 1974 gab's für ihn kein Halten mehr - sooft es ihm angesichts seines Jura-Studiums möglich war, hielt er sich dort auf, wozu ihn auch -nacheinander- mehrere Bürgerinnen des Landes motivierten :rotesherz: Letztendlich baute er sich dort eine Existenz auf als Anwalt für deutsch-portugiesische Rechtskomplikationen.

      D.h. eine Reise nach Portugal war auch immer eine Reise zu Wolfgang - was jetzt leider anders wäre.

      Auf unserer ersten Reise 1977 hatte mein Mitfahrer R. ein kleines Zelt dabei; wie wir da zusammen reingepasst haben, ist mir heute ein Rätsel (ich bin ja nicht der Schlankste, und er war's auch nicht). Bei Wolfgang konnten wir nicht übernachten, weil er in Untermiete wohnte - d.h. für mich allein ging's, nachdem die Wirtin mich "beschnuppert" hatte, später doch. Aber erstmal war der Lissabonner Campingplatz angesagt - mein VW-Käfer blieb dort stehen (Benzin war extrem teuer, im Gegensatz zu Diesel), und ich machte die Stadt per Bus und Metro unsicher.

      Ihr kennt vielleicht die Londoner Stadtbusse - die Lissabonner sehen so ähnlich aus, nur grün, und natürlich mit Linkslenker. Die Metro wurde gerade umgebaut, weil in einige Stationen nur zwei Wagen passten, die Züge aber inzwischen viergliedrig waren - auf den Metroplänen waren die Bahnhöfe gekennzeichnet, an denen man nur aus bestimmten Wagen den Zug verlassen konnte ... Bis 1979 wurde dieses Hindernis beseitigt.


      Da ich Euch jetzt keine eigenen Fotos liefern kann,
      hier ein Link mit vielen schönen Bildern zum Stöbern:
      lisboa.kpnqwest.pt/i/lisboa.html
      :reg:
      :wechsel:
      Entspanne dich. Lass das Steuer los. Trudle durch die Welt. Sie ist so schön.
      - Kurt Tucholsky -
      Wenn das keine Erlebnisreise ist :2daumen: was denn dann :zwinker2:

      Danke, das Du uns an Deinen Reiseerlebnissen teilhaben lässt :knuddel1:
      :o_linie3:


      Jede Reise hat zwei Höhepunkte:
      den einen, wenn man hinausfährt,
      erlebnishungrig und voller Erwartung -
      und den anderen, wenn man heimkehrt, gesättigt von den Eindrücken
      und in Vorfreude auf das eigene Zuhause.

      (Heinrich Spoerl, Auszug aus "Die Hochzeitsreise)
      Nach Lissabon bin ich im Lauf der Jahre immer wieder gekommen, deshalb verlassen wir diese schöne Stadt erstmal, d.h. über sie werd ich später noch schreiben.

      Der Tejo, an dem Lissabon liegt, weitet sich vor der Stadt zu einem See, so dass es zum Überqueren schon eine riesige Brücke braucht. Diese wurde 1968 fertiggestellt und nach dem eben verschlaganfallten Diktator "Ponte de Salazar" benannt, und 1974 natürlich umgetauft, in "Ponte 25 de Abril", dem Tag der Nelkenrevolution, und so heisst sie noch heute.

      Mit einem mulmigen Gefühl fuhr ich da rüber, rechts stauten sich die Lastwagen, und die mittlere Spur besteht aus Metallgitter und ist nach unten durchsichtig; manche mögen jetzt die ungewöhnliche Aussicht geniessen, aber wenn man Höhenangst hat und gleichzeitig auch noch lenken muss, bleibt einem das verwehrt, und man ist froh, wenn man auf der anderen Seite angekommen ist.

      Wir fuhren durch bis zum Alentejo, das ist schon fast die südlichste Region, danach kommt nur noch die Algarve (das ist das, was die meisten Portugalpauschalurlauber kennen - leider nur das, meistens). Die durch das gleichnamige Lied so berühmte Stadt Grandola wollten wir zumindestens mal anschauen, allein es war Mittagszeit und alles schlief, so habe ich an Grandola kaum Erinnerung.

      Der Alentejo ist die Region mit den Oliven - und Korkeichenplantagen, die nach der Revolution oft von den Landarbeitern besetzt worden waren - leider war man schon 1977 fleissig dabei, den alten Grundbesitzern ihr Land, auf dem sie sich selbst die meiste Zeit des Jahres gar nicht aufhielten, zurückzugeben. Immerhin war damals die Parole a terra a quem quem trabalha = das Land denen die darauf arbeiten noch allgegenwärtig.

      Auf den kurvigen und schmalen Straßen kam man nur langsam voran; zeitweise war wohl die Autobahn schon fertig, aber die kostete Maut, und wir hatten ja Zeit. Abends kampierten wir in einem Ort mit dem schönen Namen Vila nova de mil Fontes, das heisst Neues Dorf der tausend Quellen - auf den Karten steht meistens Milfontes.

      So, jetzt muss ich langsam weiterackern -
      mangels eigener Bilder hab ich Euch einen Link über den Alentejo reingesetzt:

      fotos-reiseberichte.de/portuga…estremoz-elvas/index.html
      :reg:
      :wechsel:
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      - Kurt Tucholsky -
      In Milfontes :link: kauften wir einen portugiesischen Ton-Grill und ein kg Sardinen sowie Brot und noch ein bissl Gemüse. Dann zogen wir los, drei Mann im VW-Käfer, quer über die kurvigen Straßen des Alentejo. Vor der Tal-Überführung konnte man die Straße verlassen und unter die Brücke fahren, das taten wir und grillten, und badeten im Bach. Danach tuckerten wir einfach weiter auf dem Waldweg entlang des Baches. Irgendwann kam ein Mann; Wolfgang fragte ihn, ob man auf diese Weise nach Odemira (nächste Kreisstadt) käme - er sah uns entgeistert an und fragte: "Warum nehmen Sie nicht die Straße ?"

      Schliesslich versperrte ein querliegender Baum die Weiterfahrt. Ein paar Meter zurück gab es einen Weg auf dem anderen Bachufer, auch schien die Möglichkeit, den Bach zu durchfahren, gegeben.
      Einmal Anlauf -platsch- und der Käfer war am anderen Ufer - Glück gehabt !

      Irgendwie kamen wir an diesem Tag tatsächlich noch nach Odemira - keine Ahnung mehr, was wir da wollten - und irgendwann, schon bei Dunkelheit, überquerten wir eine kleine Brücke (auf einer Teerstraße, bittschön), an der uns Wolfgang erklärte, dass hier die Grenze zwischen Restportugal und der Algarve :link:sei.

      Wir fuhren durch bis Lagos und parkten an einem Golfplatz, auf dem man laut Wolfgang gut schlafen könne, weil das Gras so schön weich sei. Das stimmte, zudem war es völlig ruhig, ausser dass zwischendurch mal ein Hund kläffte, bis am nächsten Morgen -es war schon hell- ein Zug laut pfeifend an uns vorbei fuhr - quer durch den Golfplatz ging nämlich die Bahnlinie von Lagos nach Faro ...

      Den Wecker hatten wir also schon mal gespart, und die Dusche kam auch bald, in Form des Platzwarts, der uns freundlich bat, unsere Sachen auf die Seite zu räumen, weil er jetzt die Rasensprenganlage in Betrieb nehmen müsse. Dagegen, dass wir diese als Duschezweckentfremdeten, hatte er nichts.

      P.S.
      Der Inhaber meines benachbarten portugiesischen Cafes war kürzlich in Lagos. Nach seinen Angaben ist der Golfplatz heutzutage eingezäunt, und man nicht mehr darauf schlafen. Portugal ist jetzt halt EU, und Euro-Zone ...
      :reg:
      :wechsel:
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      - Kurt Tucholsky -
      Wir blieben fast eine Woche in Lagos und schliefen immer auf dem Golfplatz.
      Ansonsten lagen wir die meiste Zeit am Strand unterhalb der Lehmfelsen, badeten und grillten, schauten uns auch mal Lagos an und saßen am Denkmal des Königs Sebastião, der so traurig dreinschaut - wozu er auch allen Grund hatte (hier -5. Bild von oben- könnt Ihr ihn Euch anschauen).

      Kam er doch -grad 24 Jahre alt- auf die Wahnsinnsidee, mit einem hoffnungslos unterlegenen Heer Marokko erobern zu wollen - er überlebte wie die meisten seiner Mitstreiter die Schlacht von Alcazarquivir nicht, sein Leichnam wurde nie gefunden.

      Zurück in Lissabon stellte ich fest (1977), dass ich gar nicht mehr genug Benzingeld für die Rückfahrt hatte - meine Mitfahrer von der Anreise wollten alle länger hierbleiben, das war auch von vorherein so abgesprochen gewesen.

      Ich setzte mich also in eine der Uni-Cafeterias und verfasste einen großen Zettel in Englisch, Deutsch und -abenteuerlichem- Portugiesisch mit dem Text, dass ich gegen Kostenbeteiligung eine Fahrt nach Heidelberg anbieten würde. Korrigierte das Ganze mindestens dreimal, liess es kopieren und hängte es in allen Lissaboner Mensen aus.

      Nach zwei Tagen hatte ich Glück - es meldete sich ein brasilianisches Pärchen, die nach Deutschland wollten, um dort einen gebrauchten Mercedes zu kaufen; ich konnte sogar für meine letzten Tage in Lissabon bei ihnen wohnen. Die Kommunikation war wohl etwas mühsam - sie sprachen nur Portugiesisch, und zwar das für mich schwerer verständliche brasilianische.

      Jedenfalls kamen wir nach dreitägiger Fahrt wohlbehalten in Heidelberg an, ich machte mit ihnen eine Tour über die Schrottplätze, und sie fuhren mit einem 12 Jahre alten Diesel-Daimler wieder los.

      P.S. I
      Ende August waren die Brasilianer abgereist, Weihnachten waren sie schon wieder da - sie hatten den Benz kaputtgefahren. Diesmal half ihnen ein Landsmann; aus dem Umstand, dass ich sie danach nie wieder gesehen habe, könnte geschlossen werden, dass sie diesmal mehr Glück hatten ...

      P.S. II
      Wolfgang schrieb mir Monate nach meiner Rückreise, dass mein dreisprachiger Zettel noch immer in der Mensa hinge und sich lebhafter Aufmerksamkeit erfreute.
      :reg:
      :wechsel:
      Entspanne dich. Lass das Steuer los. Trudle durch die Welt. Sie ist so schön.
      - Kurt Tucholsky -
      Das mit dem Schwimmen und :rundgrill_klein: hört sich so richtig gemütlich an.
      Mit dem Zettel, das ist einfach köstlich :tischhaun:

      Alles andere ist einfach wieder wunderbar Abenteuerlich! :daumenhalten:
      :o_linie3:


      Jede Reise hat zwei Höhepunkte:
      den einen, wenn man hinausfährt,
      erlebnishungrig und voller Erwartung -
      und den anderen, wenn man heimkehrt, gesättigt von den Eindrücken
      und in Vorfreude auf das eigene Zuhause.

      (Heinrich Spoerl, Auszug aus "Die Hochzeitsreise)
      Danke :bussi: für die :bluemchenlila: :bluemchenlila:


      Den Grill hab ich noch ein paar Jahre spazierengefahren
      und gelegentlich auch benutzt -
      es passte halt nicht viel drauf.
      Für sich allein grillt man selten,
      und für mehrere Leute war er zu klein.

      Der Rost hatte etwa die Ausmaße eines Kuchentellers
      und der Grill sah fast aus wie ein Blumentopf aus Ton.
      :reg:
      :wechsel:
      Entspanne dich. Lass das Steuer los. Trudle durch die Welt. Sie ist so schön.
      - Kurt Tucholsky -
      Im Januar 1986 war ich zweimal kurz in Portugal, im Rahmen eines Spanisch-Kurses in Sevilla. Natürlich traf ich mich mit Wolfgang, jeweils in einem Ort, in dem ich vorher noch nie war, und ohne Vereinbahrung eines festen Treffpunkts. Und natürlich ohne Hilfe des Handys, so was gab's für uns noch nicht !

      Das ging so.
      1. Akt: Kurztelefonat mit Wolfgang "Wir treffen uns Samstag Mittag in Ayamonte".
      A. liegt an der Mündung des Guadiana ins Mittelmeer, am anderen Flussufer ist Portugal; tagsüber ging alle halbe Stunde eine Fähre. Die Stadt hat ca. 20.000 Einwohner, ist also nicht ganz klein.
      2. Akt: Ich fahre mit dem Bus von Sevilla nach Ayamonte (140 km) und beginne dort die Kneipen abzuklappern, indem ich ein Bier o.ä. trinke und in meinem Bröselspanisch nach Wolfi frage.
      3. Akt: Wolfi tut das gleiche, indem er in etwas besserem Spanisch eine Personalbeschriebung von mir abgibt. Spätestens in der 4. Kneipe bekommt einer von uns den Bescheid: "Der war eben da", und dann haben wir uns auch schon.

      Nach einem dieser Treffen hab ich 4 Tage Spanischkurs geschwänzt und bin mit Wolfi nach Evora gefahren, das ist die Hauptstadt der Region Alentejo - leider hatte ich damals noch keine Kamera. In eindrucksvoller Erinnerung habe ich noch die Cabela dos Ossos, die Knochenkapelle, in der eine Unzahl menschlicher Knochen eingebaut sind.
      Errichtet wurde die Knochenkapelle im 16. Jahrhundert von einem Franziskaner-Mönch, der seine Mitbrüder durch die Knochen zur Meditation inspirieren wollte. Eine makabere Idee, dessen Erfolg heute natürlich nicht zu belegen ist. Um wessen Knochen es sich in der Capela dos Ossos handelt, ist ebenfalls nicht geklärt. Manche behaupten, es seien die sterblichen Überreste von Mönchen, andere behaupten, sie gehörten einst Soldaten. Eingestimmt werden Besucher der Knochenkapelle schon durch den Schriftzug am Eingang des Gotteshauses: „Wir hier versammelten Gebeine warten auf die Eurigen“.
      (portugal.germanblogs.de/archiv…93-die-knochenkapelle.htm)
      :reg:
      :wechsel:
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      - Kurt Tucholsky -
      Letztendlich sind wir in Wolfis damaliger Wohnung in Sintra bei Lissabon gelandet. In diesem Ort könnte man allein eine Woche mindesttens verbringen, um sich das Stadtschloss, das Schloss Pena, die Maurenfestung oder den großen Naturpark Monserrate anzuschauen. Aber ich musste am nächsten Tag nach Sevilla zurück, um weiter Spanisch zu lernen, schliesslich hatte ich den Kurs ja bezahlt.

      Das hiess: 6h50 den Vorortzug nach Lissabon erwischen, in Lissabon mit dem Bus vom Vorortbahnhof zum Fähranleger, mit der Fähre über den an dieser Stelle sehr breiten Tejo, um auf der anderen Seite in Barreiro den Zug nach Süden zu erwischen, damit man an der Südspitze der spanisch-portugiesischen Grenze spätestens um 17h30 die Fähre über den Guadiana bekommt, mit der man (Achtung: Zeitverschiebung zwischen Portugal und Spanien !) 10 Minuten später, d.h. um 18h40 spanischer Zeit in Ayamonte ist - dort fährt um 19h der letzte Bus nach Sevilla ab, wenigstens war das 1986 so.

      Ich also um 6h aufgestanden, kurz gefrühstückt, den Rucksack gepackt und losgezuckelt. Das letzte Stück vor dem Bahnhof war damals ein Weg zwischen den Gleisen und einer Böschung, von beiden Seiten mit Maschendraht eingefasst. Ich hatte noch ca. 500 Meter zum Bahnhof, da kommt auf einmal ein Zug, zehn Minuten zu früh. Mein ganzer Tagesplan drohte zu scheitern.

      Der Zug rumpelt an mir vorbei, ich renne so schnell ich mit dem schweren Rucksack kann ihm nach, jede Menge Leute kommen mir auf dem schmalen Weg entgegen, ich rufe
      Cuidado ! Cuidado !, Vorsicht, und stampfe wie ein Elefant im Galopp an ihnen vorbei, links und rechts hängen sie im Maschendraht, und ich erreiche, pfeifend wie eine Dampflok, gerade noch den Zug, bevor er losfährt.

      Als ich wieder Luft zum Sprechen habe, frage ich, warum der Zug früher als geplant gekommen ist, und erfahre, dass das ein Vorauszug ist wegen der großen Nachfrage, und der eigentliche Zug wie von mir vermutet erst in zehn Minuten gekommen wäre.

      Der Rest der Reise verläuft unspetakulär wie geplant bis zum portugiesischen Grenzort und Fährhafen Vila Real de Santo Antonio. Dort habe ich dann mehrere Stunden Zeit, es ist erswt früher Nachmittag, und ich hab noch nichts gegessen. Gehe also in ein kleines Restaurant, suche mein ganzes portugiesisches Geld zusammen, das waren nach meiner Erinnerung knapp 1500 Escudos (ausgesproche. "Schkudsch") d.h. um die 15 DM und erkläre dem Wirt, dass er mir dafür bitte etwas zu essen und zu trinken geben möchte, mehr hätte ich nicht mehr. Er stellt mir eine volle Rotweinflasche auf den Tresen, ich möchte mich bedienen, und aufs Essen muss ich auch nicht lang warten, es wurde noch sehr gemütlich.

      Ich kam rechtzeitig auf die Fähre und zum Bus, die Fahrt nach Sevilla habe ich weitestgehend verschlafen.
      :reg:
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      - Kurt Tucholsky -
      Zurück zum Eingangsposting, dem Buch "Nachtzug nach Lissabon", das inzwischen verfilmt wurde, und wo ich heute drin war.

      Die Handlung ist gegenüber dem Buch natürlich sehr gerafft und wesentlich weniger verschwommen, der verstorbene Arzt Amadeu ist ein Widerstandskämpfer, der aber einem seiner Gegner als Arzt das Leben gerettet hat und deshalb unter seinem persönlichen Schutz steht. Allerdings nur er und nicht seine Mitstreiter, was zeitweise dazu führt, das diese ihn schneiden, worunter er sehr leidet. Auch im Film erlebt er die ersehnte portugiesische Revolution nicht mehr, sondern er stirbt infolge einer Hirnblutung an eben diesem Tag, dem 25. April 1974.
      :reg:
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      Entspanne dich. Lass das Steuer los. Trudle durch die Welt. Sie ist so schön.
      - Kurt Tucholsky -
      Ich fand vor allem die Bilder sehr eindrucksvoll - den Film selber ein bissl glatt und weniger widersprüchlich im Gegensatz zu Buch, aber das ist bei Verfilmungen ja oft so, weil dann die Handlung ja in eine bestimmte Zeit passen muss.

      Bei dieser Gelegenheit hab ich festgestellt, dass ich gar nichts über die 1997er Reise geschrieben hab. Dir fand, zusammen mit einem weiteren Schulfreund, L., statt, im März und im Flieger, weil wir nur zwei Wochen Zeit hatten. Und dann schon drei bis vier Tage Anfahrt wär zu stressig geworden.

      Von Berlin über Amsterdam, da mit KLM, und dann nonstop bis Porto bzw. danach bis Lissabon. In Amsterdam trafen wir auf eine übernächtigte kanadische Reisegruppe, die mit ihrem Flieger grad aus einem Schneesturm kamen. Der war aber in Montreal gewesen und nicht hier. Ab Frankreich war klare Sicht. Irgenwo gibt's nocht einen Stapel Papierbilder, aber die müssten erstmal sortiert und eingescannt werden.

      In Lissabon nahm uns natürlich Wolfi in Empfang, samt seiner Frau, und wir fuhren nach Nafarros bei Sintra, wo sich die beiden ein Häuschen gekauft hatten, alles war noch ein bissl im Umbau begriffen. Aber mit einer phantasitschen Aussicht auf Berge und Meer.

      Damit jeder ein Zimmer für sich hatte, wurde ich im Gartenhäuschen einquartiert, mit eigenem Bad und Klo, man musste nur erst vor die Tür, den Hauptwasserhahn aufdrehen, weil undichte Leitung. Nachts für's kleine Geschäft musste der Eimer zum Spülen reichen.
      :reg:
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      - Kurt Tucholsky -
      :icon_thumbsup:
      In diese Richtung waren die Reisemöglichkeiten
      in meiner Jugend arg eingeschränkt. :muede_traurig:
      Also war der Drang nach Spanisch/Portugiesisch/
      Französisch als Fremdsprache im Schulunterricht
      sehr klein. Leute mit einem Drang nach beruflichen
      Auslandseinsätzen in Südamerika, Kuba, Afrika haben
      die Kurse aber auch belegt. Englisch und Russisch
      waren für ein Technik-Studium grundlegende Voraussetzung.
      Hätte ich gewußt wie heiß die Frauen einmal auf
      Spanisch/ Portugiesisch sind wäre ich schon längst
      mal zur Abendschule gegangen :zwinker2:
      Bisher hätte ich immer auf "Italienisch" als Zugpferd
      getippt.
      Ihr werdet nicht ganz schlau aus meinen Worten?
      Dann schaut Euch mal den neuesten Hype an:
      Merenque läßt grüßen...ach ja tanzen kann ich auch kaum. :grins:
      [youtube]kJQP7kiw5Fk[/youtube]
      Wenn am Abend noch das Feuer brennt hat der Schmied den Feierabend verpennt.

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von „COOLmann“ ()

      Ist jetzt in dem Fall Spanisch, hat das Zeug zum Ohrwurm :icon_thumbsup: Hier der Text:
      Ay
      Fonsi
      DY
      Oh
      Oh no, oh no
      Oh yeah
      Diridiri, dirididi Daddy
      Go
      Sí, sabes que ya llevo un rato mirándote
      Tengo que bailar contigo hoy (DY)
      Vi que tu mirada ya estaba llamándome
      Muéstrame el camino que yo voy (Oh)
      Tú, tú eres el imán y yo soy el metal
      Me voy acercando y voy armando el plan
      Solo con pensarlo se acelera el pulso (Oh yeah)
      Ya, ya me está gustando más de lo normal
      Todos mis sentidos van pidiendo más
      Esto hay que tomarlo sin ningún apuro
      Despacito
      Quiero respirar tu cuello despacito
      Deja que te diga cosas al oído
      Para que te acuerdes si no estás conmigo
      Despacito
      Quiero desnudarte a besos despacito
      Firmo en las paredes de tu laberinto
      Y hacer de tu cuerpo todo un manuscrito (sube, sube, sube)
      (Sube, sube)
      Quiero ver bailar tu pelo
      Quiero ser tu ritmo
      Que le enseñes a mi boca
      Tus lugares favoritos (favoritos, favoritos baby)
      Déjame sobrepasar tus zonas de peligro
      Hasta provocar tus gritos
      Y que olvides tu apellido (Diridiri, dirididi Daddy)
      Si te pido un beso ven dámelo
      Yo sé que estás pensándolo
      Llevo tiempo intentándolo
      Mami, esto es dando y dándolo
      Sabes que tu corazón conmigo te hace bom, bom
      Sabes que esa beba está buscando de mi bom, bom
      Ven prueba de mi boca para ver cómo te sabe
      Quiero, quiero, quiero ver cuánto amor a ti te cabe
      Yo no tengo prisa, yo me quiero dar el viaje
      Empecemos lento, después salvaje
      Pasito a pasito, suave suavecito
      Nos vamos pegando poquito a poquito
      Cuando tú me besas con esa destreza
      Veo que eres malicia con delicadeza
      Pasito a pasito, suave suavecito
      Nos vamos pegando, poquito a poquito
      Y es que esa belleza es un rompecabezas
      Pero pa montarlo aquí tengo la pieza
      Despacito
      Quiero respirar tu cuello despacito
      Deja que te diga cosas al oído
      Para que te acuerdes si no estás conmigo
      Despacito
      Quiero desnudarte a besos despacito
      Firmo en las paredes de tu laberinto
      Y hacer de tu cuerpo todo un manuscrito (sube, sube, sube)
      (Sube, sube)
      Quiero ver bailar tu pelo
      Quiero ser tu ritmo
      Que le enseñes a mi boca
      Tus lugares favoritos (favoritos, favoritos baby)
      Déjame sobrepasar tus zonas de peligro
      Hasta provocar tus gritos
      Y que olvides tu apellido
      Despacito
      Vamos a hacerlo en una playa en Puerto Rico
      Hasta que las olas griten "¡ay, bendito!"
      Para que mi sello se quede contigo
      Pasito a pasito, suave suavecito
      Nos vamos pegando, poquito a poquito
      Que le enseñes a mi boca
      Tus lugares favoritos (favoritos, favoritos baby)
      Pasito a pasito, suave suavecito
      Nos vamos pegando, poquito a poquito
      Hasta provocar tus gritos
      Y que olvides tu apellido (DY)

      Despacito
      Songwriter: Erika Ender / Luis Fonsi
      Songtext von Despacito © Sony/ATV Music Publishing LLC

      Quelle: google.de/search?q=luis+fonsi+…ei=Mpc_WeTcHaOCwgL-r4foBw

      Und, tröste Dich: Tanzen kann ich auch kaum, zum Leidwesen von Schnuppi.
      Und um diesen Text zu entziffern bräuchte ich den halben Vormittag, mit viel Wörterbuch.
      :reg:
      :wechsel:
      Entspanne dich. Lass das Steuer los. Trudle durch die Welt. Sie ist so schön.
      - Kurt Tucholsky -
      Auf meiner ersten Portugalreise 1977 begleitete mich ein Lied. Es tönte aus allen Strandlautsprechern und Autoradios, einschliesslich meines eigenen. Das Lied hiess L'oiseau et l'enfant (der Vogel und das Kind), die 19jährige Sängerin Marie Myriam, in Portugal geboren und nach Frankreich ausgewandert, hatte damit zwei Monate zuvor den European Song Contest gewonnen, der damals noch Grand Pris de la Eurovision hiess. Zwar in Französisch und als Vertreterin Frankreichs, aber als das in Portugal bekannt wurde, stand das Land, das gerade mal drei Jahre zuvor seine demokratischen Rechte zurückerkämpft hatte :portugal1: Kopf.

      Sie musste das Lied natürlich auch auf Portugiesisch singen, wurde von Staatspräsident Eanes empfangen und jeder Tourist hörte diesen Ohrwurm mehrmals am Tag, so lang er im Land war.

      [youtube]U-h_dQj-XbA[/youtube]

      Der portugiesische Text ist nachträglich hineinmontiert, weshalb die Mundbewegungen nicht übereinstimmen.
      :reg:
      :wechsel:
      Entspanne dich. Lass das Steuer los. Trudle durch die Welt. Sie ist so schön.
      - Kurt Tucholsky -