Im Zuge von Unruhen und Streiks nach dem Kapp-Putsch wurden 15 Arbeiter in Thal bei Ruhla durch Mitglieder eines Studentenkorps aus Marburg festgenommen und sollten nach Gotha verbracht werden. Am 25. März 1920 setzten sich die Mitglieder des Studentenkorps mit den Gefangenen in Marsch. Auf halbem Weg, in Mechterstädt – es waren noch circa 15 Kilometer bis Gotha –, wurden jedoch alle 15 Festgenommenen ermordet, und ihre Mörder behaupteten unverfroren, sie seien »auf der Flucht erschossen« worden. Dass das nicht stimmen konnte, dafür sprach schon, dass die später aufgefundenen Getöteten zum überwiegenden Teil erhebliche Schädelverletzungen aufwiesen und auch Einschüsse im Brustbereich. Die Studenten werden daraufhin zwar angeklagt, aber sowohl in der ersten als auch in der Berufungsinstanz jeweils freigesprochen. Die in diesen Prozessen stattgefundene Rechtsverbiegung – der Jurist würde formulieren: Rechtsbeugung – ist geradezu ungeheuerlich. Es wird bereits im Vorfeld auf das Aussageverhalten von Zeugen Einfluss genommen, sie werden unter Druck gesetzt. Ein vom Gericht bestellter Sachverständiger erklärt in geradezu hanebüchener Weise, warum auch jemand der vorwärts flüchtet, Einschüsse im vorderen Brustbereich haben kann und nicht im Rücken. Aus neueren Forschungen ergibt sich, dass selbst der sachbearbeitende Staatsanwalt auf merkwürdige Art und Weise mit der Verteidigung zusammengearbeitet hat.
Das Massaker ging in die Geschichte ein. Die Getöteten wurden später auf dem Friedhof in Thal beigesetzt. Ein errichteter Gedenkstein mit einer Metalltafel zur Erinnerung an dieses grausige Ereignis enthält auch den Hinweis auf die Mörder: »Dem Andenken unserer am 25. März 1920 von den Marburger Studenten bei Mechterstädt erschossenen 15 Genossen ...«. Dieser Hinweis auf die Marburger Studenten wurde während der Naziherrschaft entfernt und erst nach deren Zusammenbruch wieder ergänzt.
Dietrich Heither und Adelheid Schulze haben jetzt eine umfassende Monografie vorgelegt, die sowohl die Vorgeschichte des Mordereignisses als auch deren unterbliebene Sühne darstellt. Dabei wird besonders auf die Entstehung und den Aufstieg der Thüringer Arbeiterbewegung im Allgemeinen, wie auch auf das soziale und politische Umfeld im Heimatort der Getöteten hingewiesen. Beide Autoren stellten ihr Buch kürzlich in Gotha vor.
Ganzer Text: ossietzky.net/12-2016&textfile=3556
Man hat mich auf dieses Verbrechen, von dem ich bisher nichts wusste, aufmerksam gemacht, weil zwei der Ermordeten meinen Familiennamen tragen: Otto Soldan 24, und Gustav Soldan, 18 Jahre alt. Ob wir verwandt sind, weiss ich nicht. Aber ich forsche nach. Geistig verwandt im Sinn von Antifaschisten sind wir allemal.