Aachen 2017

      24.10.2017

      Aachen steht auf der Liste der Städte, in denen ich noch nie war. Also hab ich mich gestern in den Zug gesetzt und bin da hin gefahren. Wenn man zwischen Duisburg und Aachen montagabends im Regionalexpress steht, bekommt man einen Eindruck davon, dass NRW unser bevölkerungsreichstes Land ist. Aber ein Großteil der insgesamt 85 Minuten Verspätung hat die Bahn schon irgendwo bei Hamburg eingefahren - zum Glück war ich da schon durch.

      Aus meinem Hotelzimmer hat man einen guten Blick auf den Aachener Hauptbahnhof.



      Heut am ersten Tag bin ich ohne Plan in die Aachener Innenstadt getappt.
      Das hier ist nicht der berühmte Dom,
      sondern die Adalbertkirche,

      Mit für Katholen bisher eher untypischen Aktivitäten,

      während mir derartiges inzwischen vertraut ist.

      Nah dabei der Willy-Brandt-Platz, mit einem Brunnen und einer Metallblume, die auf und zu geht.



      Nach einiger Suche hab ich endlich den Dom gefunden, ein im Gegensatz zum hellen Hamburger Michel dunkel und geheimnisvoll wirkender Bau, rund wie ein Theater. Dabei jede Menge Gold ...





      Ein Weihwasserbecken. Katholiken tauchen ihre Hand rein, befeuchten ihre Stirn damit und fühlen sich dann spirituell gestärkt - angeblich soll es zischen, wenn ein Nichtkathole (wie ich) seine Hand reintaucht.
      Ich hab's noch nicht probiert.
      :reg:
      :wechsel:
      Entspanne dich. Lass das Steuer los. Trudle durch die Welt. Sie ist so schön.
      - Kurt Tucholsky -
      24.10. nachmittags

      Last Exit ist laut eigener HP ein Kulturkneipencafe in der Krakaustr. 1, wo ich heut Mittag einen leckeren Lauchhackeintopf gegessen hab. Dann frage ich nach einem Buchladen, der Mitarbeiter malt mir das auf dem Stadtplan auf (sowas Neumodisches wie Navi hab ich nicht, weder als fußläufig noch automobil) und meint, das sind etwa zehn Minuten - "nein, eher fünf".

      "Eher zehn", kontert eine Dame, "das ist doch kein Sprinter".

      Um 16:29 und den Plan in der Hand mache ich mich auf die Socken.
      Um 16:39 erreiche ich mein Ziel, nicht gesprintet aber leicht ausser Atem.
      Die Dame hat gewonnen, sie weiss es nur nicht.



      Zurück zum Dom-Eingang

      Stolpersteine zum Gedächtnis an den letzten Wohnort der ermordeten Juden kennt man ja, Diese Steine erinnern an die Toten der AIDS-Epidemie, direkt neben der Dompforte.





      Wem es jetzt kalt wird, der kann das wenige hundert Meter weiter unten am Elisenbrunnen ändern und zumindestens seine Hände wärmen - aber Vorsicht, das Wasser ist heiss (53°C) !. Und der leichte Geruch nach faulen Eiern ist gewöhnungsbedürftig.

      Von dort kommen wir ...


      und da geht's rein.

      Der Elisenbrunnen ist übrigens auch Aachens zentraler Busbahnhof.

      Hier kommt's raus, an anderer Stelle sogar mit 74°C,



      Das Wasser soll so gesund sein, dass es auch schon seit Jahrhunderten gekrönte Häupter

      ... und andere Großkopferte hierher verschlagen hat. Sogar die Römer waren schon da.

      Wegen dieser durch den vulkanischen Boden erwärmten heissen Quellen dürfte sich Aachen auch Bad Aachen nennen. Darauf haben sie verzichtet, um im Städte-Alphabet weiter vorn zu bleiben.

      Morgen geht's weiter.
      :reg:
      :wechsel:
      Entspanne dich. Lass das Steuer los. Trudle durch die Welt. Sie ist so schön.
      - Kurt Tucholsky -
      25.10.
      Lang geschlafen, geduscht (der Regen hat aufgehört) und ab zur Stadtführung. Den Elisenbrunnen habt Ihr ja schon gesehen, von dort gings los, natürlich mit einer langen Erklärung, ähnlich wie meine obige.
      Dahinter ein Park und ein futurisches Gebäude (genau in der Bildmitte),



      ... in dem sich die Aachener Vorzeit verbirgt. Rechts unten ein keltisches Wasserbecken, unten am Bildrand die Reste einer römischen Wasserleitung.



      Ein paar Schritte weiter der Geldbrunnen, gestiftet von der Sparkasse,



      ... als Pendant zum Puppenbrunnen der Aachener Bank, mit beweglichen Figuren.



      Das Printenmädchen mit den etwas zu groß geratenen Printen. Für Zuckerkranke ist diese Führung eigentlich gesundheitsgefährdend,



      ... weil uns ein einschlägiges Geschäft großzügig Printen kosten lässt.



      Aachener Printen schmecken ein bissl wie Nürnberger Lebkuchen, aber nur ein bissl, weil diese Behauptung als schwere Beleidigung der Aachener Printenbäcker mit Ersäufen in einem Bottich Printenteig geahndet wird.

      Das Rathaus ...



      mit dem Karlsbrunnen davor,



      dessen (Karls) Hinterteil die frisch doktorierten Maschinenbaustudenten zu küssen haben. Da die nötige Kletterpartie der zumeist schon erheblich Alkoholisierten die Brunnenbausubstanz beschädigen könnten, steht der Originalkarl im Museum, in welchem hab ich vergessen (im Zweifelsfall in Bonn, da stehen einige Aachener Kulturgüter), und der geküsste Arsch ist eine Kopie.

      Hinter dem Rathaus hat man ein paar Nutzpflanzenbeete angelegt mit Gemüsen und Kräutern, die bereits zur Zeit Karl des Großen zur Ernährung beigetragen haben.





      Wir stehen inzwischen auf dem Katschhof, zwischen Rathaus und Dom.
      Zur Entstehungslegende des Aachener Doms







      Besagter Wolf ist im Domvorraum auf der rechten Seite dargestellt - man beachte die kleine Öffnung in der Brust, aus der der Teufel, wie es scheint, nicht mit der Hand, sondern mit einem chirurgischen Instrument (hatte der schon ein Endoskop ??) den Wolf entseelt hat.



      Gegenüber die besagte Seele, als Pinienzapfen dargestellt, unproportional groß - oder war die aufblasbar ?



      Hinter dem vor einigen Jahren gespendeten Betonaltar, genannt Legostein, befindet sich der Golden Schrein mit (angeblich) den Gebeinen Karl des Großen, ausserdem einigen Reliquien, deren Details ich schon wieder vergessen hab.



      Mit den Reliquien ist das ja so eine Sache. Allein aus dem Holz der Splitter vom Kreuz Jesu soll man angeblich einen ganzen Wald an Kreuzen bauen können. In Aachen haben sie die Windeln Jesu - Frage eines Kindes bei der Führung: "War denn da noch was drin ?" - früher soll man in Antwerpen die nach jüdischem Ritus am 7. Lebenstag abgeschnittene Vorhaut des Jesuskindes aufbewahrt haben. Davon weiss heute nur noch Google u.Co. ("Paeputium Christi"), der Vatikan hat über das Thema ein Redeverbot verhängt.

      Auf diesem Thron wohnte Karl der Große den Gottesdiensten bei, eine schönere Aussicht als er hatte niemand. Der Thron befindet sich auf der Empore, Touristen kommen nur mit Führung rauf.





      Die Aussicht ist wirklich beeindruckend.



      Morgen geht's in den ehemaligen Zwergstaat, davon hab ich ja schon berichtet :klick:
      :reg:
      :wechsel:
      Entspanne dich. Lass das Steuer los. Trudle durch die Welt. Sie ist so schön.
      - Kurt Tucholsky -
      Meine Maastricht-Berichte vom 26./28.10. kommen extra. Jetzt erstmal der letzte Aachen-Teil.

      27.10.
      Nach der gestrigen Zwergstaat-Neutral-Moresnet- und Maastricht-Tour tun mir die Füße weh. Ich kauf mir eine Stadtbus-Tageskarte, setz mich in den nächsten Bus und lass mich überraschen, wo er hinfährt.

      Die Tour endet endet, noch innerhalb der Stadt, auf dem Lousberg. Dessen Entstehungslegende ist wiederum mit der teuflischen Dombauhilfe verbunden, bei der der Besagte so schändlich betrogen wurde (siehe Bericht von vorgestern). Noch brastig, schaufelte er an der Nordsee eine größere Menge Sand zusammen, um damit die damals noch kleinere Aachener Altstadt samt Dom zuzuschütten. Aufgrund der Falschangabe einer Marktfrau über die noch zurückzulegende Wegstrecke gab er sein Vorhaben auf und schüttete den Sand an Ort und Stelle aus, so entstand der Lousberg.

      Wenn man so will, veranlasste ein Nachfolgeteufel, nämlich der Aachener Obernazi, die Umwandlung eines Befestigungsturms aus dem 16. Jahrhundert auf dem Lousberg in ein Gefallenendenkmal für die toten deutschen Soldaten des 1. Weltkriegs, die des 2. wurden später adoptiert.



      Eine Haltestelle weiter steht das Ponttor ...





      ... am Eingang des Pontviertels, einem quirligen Quartier mit dem Charakter des Hamburger Schanzenviertels oder Berlin-Kreuzberg, nur halt kleiner.
      In einer entgegen seinem Namen "Labyrinth" sehr übersichtlichen Griechenkneipe bekomm ich Mittagessen.

      Frisch gestärkt geht's nochmal zum Dom, die Bilder kennt ihr schon.

      Aber neben dem Dom steht noch eine Kirche
      mit eingerüstetem Turm. Ähnlich wie in Maastricht, zwei alte Kirchen dicht nebeneinander. Nur das hier beide katholisch sind.
      Eine Taufkirche, wie ursprünglich in Maastricht ? Ungläubig rein, getauft raus und damit auch domfähig ?

      Sorry, wieder falsch, man lernt nie aus. Der Dom war für die Großkopferten, Karl der Große und so, die Kirche daneben - St. Franziska von Aachen - fürs Volk. Steht in der Kirchenbeschreibung natürlich etwas vornehmer formuliert.

      Morgen geht's noch mal nach Maastricht, am Sonntag folgt das Deutsche-Bahn-Pleiten-Pech-und-Pannen-Programm - Hauptakteur, wennglich vor Ort nicht sicht/spür/hörbar: Ein Sturm namens Herwart.
      weitblickforum.de/forum/thread.php?postid=32909#post32909
      :reg:
      :wechsel:
      Entspanne dich. Lass das Steuer los. Trudle durch die Welt. Sie ist so schön.
      - Kurt Tucholsky -