Fratello2016 - Grizzly geht Papst

      Fratello2016 - Grizzly geht Papst

      Ja, Ihr habt richtig gehört: Ernst Soldan, der nicht so fromme Sohn eines evangelischen Pfarrers, fährt in den Vatikan. Das hat jetzt nicht unmittelbar etwas mit Flüchtlingen zu tun, aber ohne meine Arbeit mit Geflüchteten wär das nicht zustande gekommen:
      Anfang Juni hatte unsere Bieberhausgruppe einen Stand auf dem Stadtteilfest St. Georg. da sprach mich eine Mitarbeiterin vom Nachbarstand, der Caritas an (bei der letzten Herbst/Winter ebenso wie in der benachbarten Al-Nour-Moschee jede Nacht Transitflüchtlinge übernachteten) .
      Ob ich auch mal was mit Obdachlosen machen würde - warum nicht.
      Ob ich etwas gegen den Papst hätte - nein, der aktuelle wär, v.a. mit seinen Vorgängern verglichen, ja schon ein Lichtblick.
      Und sie erzählte mir vom Projekt fratello.
      Der Papst hat zum o.g. Termin 6000 "Menschen vom Rande der Gesellschaft" nach Rom eingeladen, davon ca. 60 aus Hamburg und Umgebung. Und dafür suchten sie jetzt Begleiter. So wurde ich Mitglied des Medizin-Teams, denn ganz gesund sind viele dieser Menschen ja nicht.
      Beim ersten Vorbereitungstreffen, sagte der "Reiseleiter", ein Jesuitenpater:
      "Ihr müsst nicht katholisch sein, und auch nicht unbedingt fromm. Aber Ihr müsst eine gesunde Neugier mitbringen".
      OK, die ist da.
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      Entspanne dich. Lass das Steuer los. Trudle durch die Welt. Sie ist so schön.
      - Kurt Tucholsky -
      10.11.2016
      Das ist der Turm des "Michel", d.h. der Michaeliskirche, des Wahrzeichens von Hamburg. Neben dem "großen" gibt's auch einen Kleinen Michel, in seiner unmittelbaren Nachbarschaft, der eigentlich St. Ansgar heisst. Diese Kirche war, damals noch evangelisch, Anfang des 17. Jahrhunderts die erste Kirche in der neugegründeten Hamburger Neustadt - zu klein geworden, bekam sie bald den oben erwähnten großen Bruder.

      1811 führte Napoleon in Hamburg die Religionsfreiheit ein - die gab es dort vorher nicht - und liess den Kleinen Michel zur katholischen Kirche umwidmen, zunächst mal für die zahlreichen Franzosen unter den Besatzern. Dabei blieb es, auch nach deren Abzug 1813. Während des 2. Weltkriegs wurde der Kleine Michel völlig zerstört und vor allem mit Hilfe französischer Spender bis 1955 wieder aufgebaut.

      Da sind wir jetzt und werden vom Erzbischof verabschiedet.
      Er erzählt, dass Franziskus, damals noch Kardinal Bergoglio, Hamburg und Schleswig-Holstein besucht habe. Damals sei ihm besonders die Geschichte der Lübecker Märtyrer nahe gegangen, und er würde jedes Mal, wenn er mit einem Hamburger ins Gespräch käme, nach diesen fragen.


      Gedenktafel an der Mauer zwischen dem Park Planten un Blomen und dem Gefängnis Holstenglacis

      Gestärkt mit Suppe, Pasta und dem Segen des Erzbischofs macht sich die gut hundert Personen starke Gruppe per S-Bahn auf zum Flughafen. Manche sind noch nie geflogen, viele sehr aufgeregt. Unser Medizinteam, bestehend aus einer weiteren Ärztin, einer in Sachen Obdachlosenarbeit sehr erfahrenen Krankenschwester und einem ehemaligen Bundeswehrsanitäter hat sich im Vorfeld überlegt, wie wir mit den Herzkranken umgehen, deren Blutdruck unter Umständen in ungesunde Höhen ansteigen könnte. Letztlich entschliessen wir uns, nur auf ausdrücklichen Wunsch Blutdruck zu messen - allein die Messung könnte ihn noch steigen lassen. Und während des gesamten Flugs wird weder ein solcher Wunsch geäussert, noch kommt es in unserer Gruppe zu Herz- oder Blutdruckkomplikationen.

      Viele Mitfahrer hatten in der Vergangenheit erhebliche Alkoholprobleme. Noch beim letzten Vorbereitungstreffen am 3.11. musste ich einen Betroffenen versorgen, der sturzbetrunken und schniefend über eine geschwollene und möglicherweise gebrochene Hand klagte. Ich veranlasste, dass der Mann in ein Krankenhaus gefahren wurde (die Notaufnahmen sind, bei Notfällen, verpflichtet, auch nicht Krankenversicherte aufzunehmen) und schärfte ihm ein, wenn ihm nahegelegt würde, im Krankenhaus zu bleiben, das dann bitte bitte auch zu tun.
      Heute ist er wieder da und nicht wieder zu erkennen. Klar im Kopf, nüchtern, Hand gebessert (sie war nicht gebrochen) und die Erkältung fast weg. Vier Tage ist er im Krankenhaus geblieben. Er wollte unbedingt nach Rom, und das hat er geschafft.

      Abgesehen von einer gut halbstündigen Verspätung, infolge Enteisung und Notarzteinsatz im ankommenden Flieger (d.h. ohne unsere Mitwirkung), verläuft der Flug mit Zwischenlandung in München ohne Probleme. Von Rom sehen wir erstmal nichts, da Flughafen wie Gästehaus, das eigentlich ein Gästedorf ist, weit ausserhalb der Stadt liegen. Eine Stunde kurvt uns der Bus durch die bucklige Landschaft, die Zimmerverteilung nimmt auch einige Zeit in Anspruch - mit uns sind noch große Gruppen aus München, Österreich und Portugal angekommen - und erst nach Mitternacht falle ich ins Bett, aus dem ich früh wieder raus muss, um sieben gibt's Frühstück, und um acht geht der Bus.


      Erschöpft, aber glücklich (wie die ganze Gruppe): Das Medizinteam drei Tage später

      FORTSETZUNG FOLGT
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      - Kurt Tucholsky -
      11.11.2016
      Aufgrund des Gerüchts, dass es um sechs Frühstück gibt und um sieben die Busse abfahren, bin ich entsprechend früh auf den Beinen. Zwar hat sich inzwischen das Programm um eine Stunde verschoben, aber die Luft vor der Eingangshalle ist aufgrund der vielen Morgenzigaretten kaum atembar, also ist es Zeit für einen kleinen Morgenspaziergang.


      Der Ausblick war jeden Morgen phantastisch, deshalb ist das Datum nicht so wichtig.








      "Fraterna Domus" ist kein Gästehaus, sondern ein Gästedorf.

      Nach dem Frühstück wickelt sich ein Buskonvoi die Serpentinen des Monte Musino herunter. Nach Rom führen bekanntlich viele Wege, aber wenn das wie an einem Werktagmorgen alle auf einmal wollen wird es eng. Irgendwann parken wir trotzdem an der Vatikanmauer. Zwecks besserer Erkennbarkeit und damit wir uns nicht verlieren, haben wir gelbe Rucksäcke bekommen, andere Gruppen haben rote oder blaue.



      In der Nähe des Tors, das die vatikanische Staatsgrenze bildet, steht ein gepanzertes Militärfahrzeug und zwei mit MP bewaffnete Soldaten. Als ich die photographiere, kommt einer der beiden auf mich zu, verlangt die Löschung des Bildes und überwacht den Löschvorgang - das darf man also nicht. Am Tor gibt es Sicherheitskontrollen, ich muss mich fast bis aufs Hemd ausziehen, weil das Metallalarmtor jedes Mal quietscht.
      Irgendwann sind wir doch alle drin, sogar rechtzeitig zum Empfang des Papstes in der riesigen Audienzhalle Aula Paolo VI, in die 6500 Leute hineinpassen und, wenn man die Sitzplätze ausbaut, mehr als dreimal so viel. Nach einer Eingangszeremonie entsteht am oberen Ende des Saales ein Getümmel - der Papst kommt, sehen können ihn die meisten erst, als er auf der Bühne angekommen ist.





      Franciscus begrüßt uns auf Spanisch, was dazu führt, dass die auf Italienisch vorbereiteten Simultanübersetzer in Schwierigkeiten kommen und unsere Übersetzungsgeräte nicht funktionieren. Das tut der Begeisterung keinen Abbruch.

      „Nur derjenige, der fühlt, dass ihm etwas fehlt, blickt nach oben und träumt. Derjenige, der alles hat, kann nicht träumen! ( ... )
      „Lehrt uns alle, die, die ein Dach über dem Kopf haben und denen das Essen und die Medikamente nicht fehlen, sich nicht zufrieden zu geben. Mit euren Träumen, lehrt uns zu träumen, ausgehend vom Evangelium, wo ihr steht, im Herzen des Evangeliums.“ ( ... )
      „Die Fähigkeit, Schönheit auch in Traurigkeit und Leiden anzutreffen, können nur ein Mann und eine Frau haben, die Würde besitzen. Arm, ja, aber heruntergekommen, nein! Das ist Würde! Dieselbe Würde, die Jesus hat, der arm geboren ist und arm lebte. Ich weiß, ja ich weiß es, dass ihr viele Male Personen getroffen habt, die eure Armut ausnutzen wollten und sie für eigene Zwecke nutzen wollten. Doch ich weiß auch, dass dieses Gefühl, die Schönheit des Lebens zu sehen, diese Würde, euch davor bewahrt hat, zu Sklaven zu werden. Arm ja, Sklaven nein!“ ( ... )
      „Die Fähigkeit, solidarisch zu sein, ist eine der Früchte, die uns die Armut schenkt: wenn viel Reichtum da ist, dann vergisst man, solidarisch zu sein, denn man ist an diejenigen gewöhnt, denen es an nichts fehlt.“ ( ... )

      Ein weiterer Punkt, den Franziskus aufgriff: Frieden. Denn „die größte Armut ist der Krieg“, antwortete der Papst auf das Zeugnis eines Obdachlosen, der ihn dazu aufgefordert hatte, sich weiter für den Frieden in der Welt einzusetzen. „Ihr“, so wandte der Papst sich an seine Gäste, „ihr könnt Friedensstifter sein, ausgehend von eurer Situation, von eurer Armut. Den Krieg führen Reiche unter sich, um mehr zu haben, mehr Land, mehr Macht, mehr Geld…“ und weiter: „Es ist sehr traurig, wenn es zu Krieg unter Armen kommt, denn er ist selten: Aufgrund der Tatsache selbst, arm zu sein, sind sie geneigter, als Friedensstifter tätig zu sein, machen sie Frieden, schaffen sie Frieden, und geben ein Beispiel für Frieden.“

      Am Ende dankte der Papst den obdachlosen Menschen für ihr Kommen – und entschuldigte sich im Namen der Kirche und der Gläubigen für diejenigen Katholiken, „die wegschauen, wenn sie Arme oder Elendssituationen sehen". Auch er selbst habe vielleicht nicht immer den rechten Ton getroffen. „Ich bitte euch um Verzeihung, sollte ich euch manchmal mit meinen Worten beleidigt haben oder Dinge nicht gesagt haben, die ich hätte sagen sollen. Ich bitte euch um Entschuldigung für jedes Mal, das wir Christen gegenüber einer armen Person oder einer Situation von Armut wegschauen. Verzeihung! Eure Verzeihung für Männer und Frauen der Kirche, die nicht hinschauen wollen oder wollten, ist Weihwasser für uns, ist eine Reinigung und hilft uns dabei, wieder daran zu glauben, dass im Herzen des Evangeliums die Armut als große Botschaft steht und dass wir – Katholiken, Christen, alle, eine arme Kirche für die Armen bauen müssen.“

      de.radiovaticana.va/news/2016/…e_aus_ganz_europa/1271602

      Im Anschluss an seine Ansprache begibt sich Franziskus direkt zu den Menschen, die er eingeladen hat.










      In der Nähe des Papstes zu photographieren ist nahezu unmöglich. Deshalb hat man in seiner Nähe eine Standkamera montiert, deren Bilder auf eine Leinwand übertragen werden. Die hab ich aufgenommen und hier reingesetzt.
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      - Kurt Tucholsky -
      Nach unserer Papstreise gab es auch Kritik an diesem Projekt, zum Beispiel bekam ich diese Mail:
      Der argentinische Papst ist ein guter Schauspieler, lädt Obdachlose zu sich nach Rom ein. Was hatten diese Menschen von dm Papstbesuch? Sind danach weiterhin obdachlos in Hamburg, das noch in einem kalten Winter hier. Alles nur Show. der Kirche ...

      Danke für die Kritik. Dies sind meine Gedanken dazu:
      Die meisten Obdachlosen, die dort waren, haben inzwischen einen Platz im Winternotprogramm. Das war ein positiver Nebeneffekt, dass die Leute sich im Vorfeld, auch in Zusammenarbeit mit Betreuern wie von "Hinz und Kunzt" oder von der Caritas, sich um solche Plätze bemüht haben (schon um fit genug für die Reise zu sein) und eben nicht die kommenden Winternächte draussen verbringen müssen. Eine Ursache der Obdachlosigkeit ist ja auch, dass die Leute nichts mehr auf die Reihe kriegen, weil sie kein Selbstbewusstsein mehr haben. Und das haben die, die beim Papst waren, jetzt auf jeden Fall.
      Am Sonntagabend sind 70 Hamburger Obdachlose und ihre 30 Begleiter nach ihrer Reise zum Papst wieder in Hamburg gelandet. Zuvor hatten sie auf Einladung von Franziskus einen Gottesdienst im Petersdom in Rom gefeiert und zusammen mit Tausenden anderen Gläubigen beim Angelus-Gebet den Segen des Pontifex erhalten.
      "So etwas zu erleben ist einmalig", sagte einer der Obdachlosen nach der Ankunft am Hamburger Flughafen. Stephan Karrenbauer vom Hamburger Straßenmagazin "Hinz und Kunzt" fasste zusammen: "Die Leute gehen jetzt alle gerade, keiner geht mehr gebückt."
      Zum Abschluss des Heiligen Jahres der Barmherzigkeit waren insgesamt knapp 4.000 Obdachlose, ehemalige Wohnungslose und Arme aus 21 Ländern auf Einladung des Papstes nach Rom gekommen. Am Sonntag hatte sich Franziskus bei der Messe im Petersdom direkt an sie gewandt: "Mit eurer Anwesenheit helft ihr uns, uns auf die Wellenlänge Gottes einzustellen und das in den Blick zu nehmen, auf das er schaut."

      Ganzer Text: ndr.de/nachrichten/hamburg/Ham…t-Segen,wallfahrt244.html

      Noch eine Sache habe ich klären können, die mir seit der Wahl von Franciscus durch den Kopf gegangen ist. Nach dieser Wahl gab es Kritik am neuen Papst, er hätte während der Militärdiktatur als Oberhaupt der argentinischen Jesuiten die Verhaftung zweier Mitbrüder verschuldet. Dazu hatte ich ein intensives Gespräch mit dem Jesuitenpater, der uns begleitet und der sich aus persönlichen Gründen ausführlich mit dieser Frage beschäftigt hat.

      Die argentinische Militärdiktatur 1976-1983 war eine der brutalsten in Lateinamerika. Über 30.000 Menschen wurden ermordet, zum Teil wurden ihre Leichen über dem Atlantik aus Flugzeugen abgeworfen, so dass niemand weiss wo sie geblieben sind. Von denen, die verhaftet wurden, kamen die wenigsten zurück.
      Es gab wohl im Vorfeld einen politischen Konflikt zwischen Pater Bergoglio, dem späteren Papst, und den beiden Betroffenen, deren Verhaftung hatte aber nichts mit diesem Konflikt zu tun. Danach bemühte er sich intensiv und vor allem "hinter den Kulissen" um die Freilassung der beiden, letztendlich erfolgreich, so dass sie entlassen wurden und ausser Landes gehen konnten. Darüber hinaus habe er anderen Oppositionellen, zum Teil recht trickreich, zur Flucht verholfen, und hatte auch später, als Erzbischof von Buenos Aires, die in den Armenvierteln aktiven Priester unterstützt, wo er konnte.

      Ich selber habe mich bei der Begegnung unserer Mitreisenden mit dem Papst zurückgehalten und habe mich nicht in seine Nähe gedrängt, da als Betreuer nur in einer "Nebenrolle" anwesend. Wäre ich ihm persönlich gegenüber gestanden, hätte ich in etwa gesagt, dass ich zwar begrüße, dass er Flüchtlinge aufgenommen hat und dazu aufruft, dass auch andere das tun, aber dass er mehr Druck auf die Politiker ausüben könnte, die sich christlich nennen, aber die Geflüchteten aussperren und in den Lagern von Griechenland und Sizilien ihrem Elend überlassen, anstand sie aufzunehmen (genug Freiwillige zur Versorgung sind da). Und wenn sie, wie z.B. die katholischen Herren Seehofer und Kurz (österreichischer Aussenminister), das nicht tun, dann auch mit dem Knüppel der Exkommunikation drohen.
      Aber das wär wohl vermessen gewesen.
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      - Kurt Tucholsky -
      Aber eins möchte icht trotzdem noch anmerkeln: :zwinker2:
      Bei der Unterstützung von Obdachlosen verläßt
      sich unsere Gesellschaft viel zu sehr auf das
      Wirken der "Ehrenamtlichen" und die Geldmittel,
      die nichtstaatliche NGO`s und religiöse Organisationen
      einwerben.
      Wenn am Abend noch das Feuer brennt hat der Schmied den Feierabend verpennt.
      Nicht nur dort, sondern überhaupt im sozialen Bereich. Flüchtlingshilfe wo ich aktiv bin, oder die Tafeln die für viele Menschen immer mehr das Überleben sichern, wären ohne Ehrenamtliche überhaupt nicht denkbar.
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      - Kurt Tucholsky -
      PS 1
      Diese Woche war ich bei Hinz und Kunzt, von denen stammt die größte Gruppe der Mitfahrer. Eine Sozialpädagogin von dort erzählte mir, dass nach der Reise schon zwei der Rom-Fahrer eine Wohung bekommen haben. Soviel zum "Sinn" dieser Veranstaltung und der Kritik daran.

      PS 2
      Auch von der TAS Norderstedt waren zwei Frauen und die Leiterin und mit in Rom. Mit der hab jetzt vereinbahrt, dass ich zweimal im Monat dort Sprechstunden für Obdachlose anbiete.
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      - Kurt Tucholsky -
      14.12.16
      Mit dem Auto morgens in die Hamburger Innenstadt zu fahren ist eine Quälerei. Keine Ahnung, ob es mit einem Navi besser ginge - ich hab keines und könnte damit auch nicht umgehen. Und es hilft nicht, wenn auf einmal eine im Stadtplan als durchgängig bezeichnete Straße gesperrt ist und man irgendwoanders entlang fährt. Und als ich endlich die Medikamentenspende in Gesundheitszentrum St. Pauli, dem ehemaligen Hafenkrankenhaus, abgeholt hab, stellt sich die Frage:
      Das hätte ich mit Bus und Bahn auch geschafft - Tabletten wiegen ja nix.

      Warum das Ganze ?
      Seit dem 7. Dezember biete ich, zunächst zweimal pro Monat, eine Hausarztsprechstunde in der Norderstedter TAS an, das ist die Tagesaufenthaltsstätte für Wohnungslose. Zwei Frauen, die sich dort regelmäßig aufhalten, waren zusammen mit der Leiterin mit in Rom dabei, und dort haben wir das schon mal angedacht. Ausserdem war man bei Hinz und Kunzt der Meinung, dass die Innenstadt von Hamburg mit Hilfseinrichtungen noch relativ gut versorgt ist, während es im Norden und dem angrenzenden Schleswig-Holstein "hakt".



      Das aus Containern zusamengebaute Gebäude, das einmal ein Kölner Kindergarten war, steht in der Nähe des Norderstedter "Herold-Center", offizielle Adresse Lütjenmoor 17a. Und so trägt mein Containertagebuch jetzt seinen Namen wieder zu recht.



      Mit der Versorgung nicht krankenversicherter Menschen hab ich ja langsam Übung, ein bissl helfen die Medikamentenspenden - und Stethoskop, Blutzucker- und Blutdruckmessgerät sowie ein Dokumentationsheft passt bequem in den Rucksack. Und wenn ich einmal fachärztlichen Rat brauche, finde ich den hier in der Umgebung bei den Kollegen, mit denen ich Jahrzehnte zusammen gearbeitet habe, schneller als in der Innenstadt, wo ich die Kollegen nicht kenne (wobei man das ändern kann).
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      - Kurt Tucholsky -
      Noch so Bilder die mich sprachlos machen.
      Wie schnell kann dies einem selbst zustoßen.......
      Zumindest ist es zur Zeit noch wahrscheinlicher
      Obdach-und Mittellos in Deutschland zu werden
      als das Opfer eines Terroranschlages.
      Gegenüber Terror haben alle eine "heiden" Angst,
      an das Naheliegende denkt fast keiner.
      So verrückt ist auch unsere Welt.
      Wenn am Abend noch das Feuer brennt hat der Schmied den Feierabend verpennt.

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      Philosophen mit der Spezialisierung "Soziologie"
      sind mitunter der Quell der Offenbarung. Das was
      eigentlich einem Papst obliegen müßte (der es wegen
      der Widerstände der kurie nicht umsetzen kann)
      übernehmen dann eben schnöde "unreligiöse"
      Gesellschaftswissenschaftler. Wer sich dafür interessiert
      kann sich Bücher kaufen und vorab diesem Link folgen:
      (Leider ist der erwähnte Herr schon am Ende seiner
      Lebenszeit angekommen. Die Welt bräuchte mehr von ihm.)
      Polnischer Philosoph/Soziologie (90, Jude) Zygmunt Baumann "Wir denken falsch über das Glück"

      aljazeera.com/programmes/talkt…nity-160722085342260.html


      PS: Wer den Beitrag in der schriftlichen Form durch den google-Übersetzer jagt
      wird feststellen: Selbst das "Flüchtlingsproblem" der westlichen Gesellschaft war
      schon ein Thema in seinen Publikationen, noch bevor es richtig akut wurde.
      Ansonsten eine gute Übung für "Englisch-Verstehen". Englisch wird eh Arbeitssprache
      bei den international aktiven Firmen...nicht nur VW. Egal...Russisch hätte ich auch gebracht. :zwinker2:
      Wenn am Abend noch das Feuer brennt hat der Schmied den Feierabend verpennt.

      Dieser Beitrag wurde bereits 4 mal editiert, zuletzt von „COOLmann“ ()

      Den Segeberger Kollegen kenne ich, d.h. nicht persönlich aber sein Projekt.
      In Hamburg gibt es u.a. die Praxis ohne Grenzen und "Andocken" sowie das Zahnmobil und den Mitternachtsbus. Ich selber bin ein Eigenbrötler und bastle mir meine Hilfsmöglichkeiten lieber nach meinen eigenen Vorstellungen zurecht, ohne darüber groß diskutieren zu müssen - so kann ich genau entlang meiner Kräfte etwas tun.

      Eine erster Erfolg: Ich hab am 15.12. einen alkoholkranken Obdachlosen, natürlich nicht krankenversichert, zur Entgiftung (was eigentlich kein Notfall ist) in einer Klinik untergebracht, inzwischen ist er entlassen und in der Obhut einer pensionierten Pastorin, die sich weiter um ihn kümmert. Vorausgegangen war ein persönliches Gespräch mit dem Chefarzt, den ich seit seinem Amtsantritt kenne.
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      - Kurt Tucholsky -
      Leider gibt es für dieses Krankheitsbild keine
      absolute "Heilung". Aber eine Chance für einen
      neuen Lebensabschnitt ist es allemal. Die "beste"
      Freundin meiner Frau ist vor über 20 Jahren dem
      Tod nur knapp entronnen...entgleiste Alkoholsucht.
      Und als Beispiel für einen positiven Ausblick:
      seit damals "trocken". :icon_thumbsup:
      Einer der wenigen Fälle mit so einer langen
      "Durchhaltezeit", sagen zumindest die Fachleute.
      Was ich an diesem hautnah mitdurchlittenen Fall
      gelernt habe:
      1) Der Mensch muß die Alkoholabstinenz wollen.
      2) Um diesen Willen dauerhaft aufrecht zu eralten
      muß er sich immer wieder erreichbare Ziele setzen, die
      dann auch (überwiegend) positiv erreicht werden.
      *Wohnung haben und bewohnbar erhalten
      *erfolgreich eine Arbeit bekommen von der man auch leben
      kann, Ersatzweise sich mit Lohnersatzleistungen/Sozialgeld
      einrichten
      * den Kontakt zu den Familienangehörigen und Freunden
      wieder pflegen (aber nur denen, die es auch gut meinen)

      PS: In oben erwähnten Beispiel spielte bei der Therapie eine
      besonders bei Frauen effektive Waffe eine Rolle:
      Die weibliche Eitelkeit und der Einfluß der Alkoholsucht auf
      das äußere Erscheinungsbild. Laut Aussage der Freundin
      übrigens auch der entscheidende Impuls für den Start des
      Entzuges. Aber nicht immer wirksam. Die Frau, die mit
      ihr zusammen in dem Zimmer auf Station lag, ist ihrer Sucht
      erlegen.
      Wenn am Abend noch das Feuer brennt hat der Schmied den Feierabend verpennt.

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      Aus meinem "Abflugbericht" vom 10.11.:
      Noch beim letzten Vorbereitungstreffen am 3.11. musste ich einen Betroffenen versorgen, der sturzbetrunken und schniefend über eine geschwollene und möglicherweise gebrochene Hand klagte. Ich veranlasste, dass der Mann in ein Krankenhaus gefahren wurde (die Notaufnahmen sind, bei Notfällen, verpflichtet, auch nicht Krankenversicherte aufzunehmen) und schärfte ihm ein, wenn ihm nahegelegt würde, im Krankenhaus zu bleiben, das dann bitte bitte auch zu tun. Heute ist er wieder da und nicht wieder zu erkennen. Klar im Kopf, nüchtern, Hand gebessert (sie war nicht gebrochen) und die Erkältung fast weg. Vier Tage ist er im Krankenhaus geblieben. Er wollte unbedingt nach Rom, und das hat er geschafft.

      Der Mann hat, laut aktueller "Hinz und Kunzt"-Ausgabe, jetzt zusammen mit einem anderen Romfahrer eine feste Bleibe, beide sind weiterhin alkoholabstinent.
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      Entspanne dich. Lass das Steuer los. Trudle durch die Welt. Sie ist so schön.
      - Kurt Tucholsky -
      Wenn ich bis Ende Januar hier nur wenig präsent sein sollte, so liegt das daran, dass ich nochmal in die Ewige Stadt fahren werde, um mir einiges nochmal in Ruhe anschauen zu können, ohne Gefahr zu laufen die Gruppe zu verlieren oder ähnliches.
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      Entspanne dich. Lass das Steuer los. Trudle durch die Welt. Sie ist so schön.
      - Kurt Tucholsky -