Eine Frau, die sich seit Wochen am Uelzener Bahnhof die Nächte um die Ohren haut um - meistens männliche - Flüchtlinge zu betreuen, hat in der ZEIT einen Artikel zu den Übergriffen in der Silvesternacht in Köln, Hamburg und anderswo geschrieben, den man bei Bedarf allen Herrschaften, denen jetzt vor lauter Abschiebewahn der Geifer aus der Hetzfresse tropft, in dieselbe klatschen kann (um dann, zur eigenen Sicherheit, den Reker'schen
Armlängenabstand herzustellen ...). Hier ein Ausschnitt:
Ganzer Text: zeit.de/kultur/2016-01/koeln-f…-arabischer-mann-sexismus
Armlängenabstand herzustellen ...). Hier ein Ausschnitt:
Was also sollte nach "Köln" an der Asylpolitik geändert werden? Gar nichts. Jetzt schon steht das Credo, dass Frauen in Deutschland Gleichbehandlung erführen, in allen möglichen Infos für Asylsuchende. "Deutsches Leitungswasser können Sie trinken. Deutsche Frauen werden respektvoll behandelt." Das kommt so überzeugend rüber wie nur sonst was.
Als Schriftstellerin glaube ich daran, dass ein Leser es merkt, ob etwas phrasenhaft und aufgesetzt ist – oder ob der Sprecher/Schreiber es ernst meint. Ein Flüchtling merkt spätestens dann, dass wir es nicht ernst meinen, wenn er an dem Pappaufsteller im Supermarkt vorbeikommt, wo auf einem nackten Frauenkörper verschiedene Würste drapiert sind. Er merkt es an der Werbung für den Schwarzwald mit liegender Frauensilhouette: "Steile Hügel, feuchte Täler." Oder an dem Plakat der Jungen Union, das nur einen weiblichen Unterkörper, einen schwarzen Slip und eine Hand zeigt, die sich in selbigen schiebt. Wenigstens den Slogan dazu kann der Flüchtling zunächst nicht verstehen: "Wir gehen tiefer."
All diese Bilder und ja, auch Herrenwitze à la Brüderle, und ja, auch dieses Weglachen – "war doch nicht so gemeint", "Darf man nicht so eng sehen!" – all das sind Praktiken in unserer Gesellschaft, die dazu verleiten, Frauen verdinglicht und respektlos zu behandeln. Sie zeigen, dass wir es eben doch nicht ernst meinen mit dem Sprüchlein: Frauen werden respektvoll behandelt. Das heißt nicht, die Schuldfrage zu verschieben, denn Schuld am Begrapschen haben natürlich die Täter. Wenn wir Neuankommenden aber wirklich signalisieren wollen, dass Frauen in Deutschland nicht nur Trägerinnen von Brüsten und beliebig "nutzbaren" Geschlechtsteilen sind, muss sich das in unseren Bildern widerspiegeln. Wir müssen sexistische Werbung abschaffen und Gameshows ändern, in denen Frauen nur Preise durch die Gegend tragen. Wir müssen uns in jedem gesellschaftlichen Bereich fragen, welche Botschaften wir einstellen oder aussenden müssen, um neue und alte Praktiken sexueller Gewalt nicht zu ermutigen, sondern im Keim zu ersticken.
Ganzer Text: zeit.de/kultur/2016-01/koeln-f…-arabischer-mann-sexismus