Irgendwo in Norderstedt, Juni 2019
Die alte Dame hat sich fast ein Jahr gequält, nach mehreren Schlaganfällen. Anfangs sprach sie etwa so viel Deutsch wie ich Türkisch, was zu einer Basiskommunikation ausrechte. Schliesslich verweigerte sie Essen und Trinken, konnte nicht mehr sprechen, nur noch ja und nein signalisieren - auf meine Frage "hastaneye istiyorsunuz ?" - möchten Sie ins Krankenhaus - schüttelte sie den Kopf.
Ein paar Tage später ging auch das nicht mehr. Die Familie pflegte sie liebevoll, aber alle wussten, dass die letzte Reise bevorstand. Eines Abends bekam ich den Anruf, dass sie eingeschlafen war.
Als ich zu ihr ins Zimmer kam, lag auf ihrem Bett ein großes Messer, in eine Serviette eingewickelt. Ich war irritiert und fragte, was das für eine Bedeutung habe.
Das sei "gegen die Bauchgase".
Ich nahm das für bare Münze und erklärte, in den ersten 24 Stunden, d.h. länger als sie noch im Haus sei, würde es noch keine "Gasentwicklung" geben. Daraufhin nahmen sie das Messer weg, ich machte
die Leichenschau und schrieb den Totenschein. Beantwortete die noch offenen Fragen, wünschte den Anwesenden Basininiz saholsun, sinngemäß für "Herzliches Beileid" und fuhr nach Hause.
Am nächsten Tag kam ein Angehöriger in die Praxis, und ich fragte ihn nochmal nach dem Sinn des Messers. Er wusste es auch nicht genau, habe es nur schon öfter bei verstorbenen Landsleuten gesehen. Das Ganze sei ein Ritual, das Messer käme nicht zum Einsatz.
Auf einer Islamseite fand ich einiges zum Thema Umgang mit Verstorbenen. Dort stand, dass es in einigen Regionen üblich sei, den Verstorbenen ein Messer oder einen anderen Gegenstand aus Metall auf den Bauch zu legen, damit es nicht zu einer Gasentwicklung komme.
Die alte Dame hat sich fast ein Jahr gequält, nach mehreren Schlaganfällen. Anfangs sprach sie etwa so viel Deutsch wie ich Türkisch, was zu einer Basiskommunikation ausrechte. Schliesslich verweigerte sie Essen und Trinken, konnte nicht mehr sprechen, nur noch ja und nein signalisieren - auf meine Frage "hastaneye istiyorsunuz ?" - möchten Sie ins Krankenhaus - schüttelte sie den Kopf.
Ein paar Tage später ging auch das nicht mehr. Die Familie pflegte sie liebevoll, aber alle wussten, dass die letzte Reise bevorstand. Eines Abends bekam ich den Anruf, dass sie eingeschlafen war.
Als ich zu ihr ins Zimmer kam, lag auf ihrem Bett ein großes Messer, in eine Serviette eingewickelt. Ich war irritiert und fragte, was das für eine Bedeutung habe.
Das sei "gegen die Bauchgase".
Ich nahm das für bare Münze und erklärte, in den ersten 24 Stunden, d.h. länger als sie noch im Haus sei, würde es noch keine "Gasentwicklung" geben. Daraufhin nahmen sie das Messer weg, ich machte
die Leichenschau und schrieb den Totenschein. Beantwortete die noch offenen Fragen, wünschte den Anwesenden Basininiz saholsun, sinngemäß für "Herzliches Beileid" und fuhr nach Hause.
Am nächsten Tag kam ein Angehöriger in die Praxis, und ich fragte ihn nochmal nach dem Sinn des Messers. Er wusste es auch nicht genau, habe es nur schon öfter bei verstorbenen Landsleuten gesehen. Das Ganze sei ein Ritual, das Messer käme nicht zum Einsatz.
Auf einer Islamseite fand ich einiges zum Thema Umgang mit Verstorbenen. Dort stand, dass es in einigen Regionen üblich sei, den Verstorbenen ein Messer oder einen anderen Gegenstand aus Metall auf den Bauch zu legen, damit es nicht zu einer Gasentwicklung komme.