Der Besuch von Alexander Vucic sollte eigentlich eine Geste der Versöhnung sein. Doch er endete im Eklat. Als Serbiens Regierungschef bei der Gedenkfeier an den Völkermord im bosnischen Srebrenica einen Kranz niederlegte, flogen Steine.
Im Gebet für die Toten waren sie alle vereint: Zehntausende Menschen und die angereiste Politprominenz aus aller Welt. Als der serbische Regierungschef Alexander Vucic auch Blumen am Ehrenmal für die mehr als 8000 getöteten muslimischen Männer und Jungen niederlegte, kam es zum Eklat. Einige Menschen warfen Steine, Schuhe und Flaschen nach ihm. Die Brille des Premiers ging zu Bruch, als ihn ein Stein traf. Er musste von dem Gelände fliehen.
Vucic wird eine Mitschuld am Massenmord gegeben, den serbische Militärs im Juli 1995 in Srebrenica und Umgebung begangen haben. Der heutige Premier vertrat vor 20 Jahren als junger Ultranationalist die großserbische Kriegspolitik, die schließlich zum Massaker führte.
Der damals amtierende US-Präsident Bill Clinton, der als nun als Gast geladen war, verteidigte den serbischen Premier, der immerhin als erster serbischer Regierungschef den Mut gehabt habe, sich vor den Opfern verneigen und ein Zeichen der Aussöhnung zu setzten. Vucic setzte sich zum Beispiel dafür ein, dass serbische Verantwortliche für den Massenmord vor Gericht kommen.
Der langjährige EU-Sonderbeauftragte für Bosnien-Herzegowina, der Österreicher Valentin Inzko, sagte in seiner Rede, die er auf Bosnisch hielt: "Wir sind heute nach Srebrenica gekommen, um zu bekräftigen: Es gibt keine schlechten Völker. Es gibt nur schlechte Einzelne. Heute sind wir nach Bosnien und Herzegowina gekommen, weil es voll von 'kleinen Srebrenicas' ist. Heute sind wir nach Srebrenica gekommen, um zu sagen: Nie wieder. Und um ein neues Jahrhundert zu beginnen, wie das die Franzosen und die Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg gemacht haben."
Der serbische Regierungschef Alexander Vucic hat sehr moderat auf die Angriffe bei den Gedenkfeiern reagiert: "Meine Hand bleibt gegenüber den Bosniern weiter ausgestreckt", sagte er in Belgrad nach einer Sondersitzung der Regierung. "Das war ein gut vorbereiteter und organisierter Angriff", sagte Vucic weiter. Vucic rief seine Landsleute auf, jetzt keine Revancheangriffe auf Bosnier zu unternehmen, denn "Hass und Wut hat es genug gegeben".
Ganzer Text: tagesschau.de/ausland/srebrenica-massaker-105.html
P.S.
Bilder aus Srebrenica von meiner Reise von vor fünf Jahren findet Ihr hier:
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