Original von Grizzly
Tannbach
Ich möchte diesen Film (Sendezeiten: So 4.1., Mo 5.1. und Mi 7.1. jeweils 20:15 ZDF) schon deshalb sehen, weil ich dort gewesen bin - in den späten Sechzigern von meinem damaligen Heimatort Oberkotzau aus mit dem Radl sowie mit meiner Hofer Schulklasse (Pflichtschulausflug, mit Bundesgrenzschutzbegleitung), und später nach der Wende nochmal, da war das halbe Dorf schon Museum.
Mehr zu Tannbach-Mödlareuth: museum-moedlareuth.de/
Mehr zum Film: sueddeutsche.de/medien/tannbac…sprachlosigkeit-1.2287828
Resümee nach der ersten Folge:
Authentisch ist was anderes. Die Häuser stimmen nicht (rote Ziegeldächer statt grauen Schieferdächern wie in der Region üblich), der Dialekt stimmt nicht (eine Art Bayrisch, anstatt Oberfränkisch) und die Gegend stimmt auch nicht (zB wird bei Mödlareuth oder überhaupt in der Hofer Region kein Hopfen angebaut - dem isses da zu kalt).
Der SPIEGEL war auch nicht begeistert, wenngleich aus anderen Gründen.
Am Anfang also - in der schlimmen Zeit - ist das idyllische Deutschland von bösen Nazis besetzt, die im Kübelwagen über Feldwege fegen, Last-Minute-Exekutionen anordnen sowie Greise und Kinder zum Dienst an der Panzerfaust verdonnern. Mütter weinen oder werden erschossen. Dann kommen die Amerikaner. Mit im Grunde gutherziger Strenge machen sie sich ans Entnazifizieren der Väter - und Ausnahmen, wenn ihnen ein Altnazi nützlich sein kann.
Es folgen die Bolschewisten, gegen die bekanntlich der Führer, "bis zum letzten Atemzuge" kämpfend, gefallen ist. Hätte man sich also besser mal "mehr angestrengt im Kampf um den Endsieg". Die Russen sind grob und nicht ganz so gutherzig. Schlimmere Zeit. Mütter weinen, werden vergewaltigt und erschossen. Und plötzlich läuft durch das Örtchen Tannbach die Grenze zwischen den Siegern und stört die Idylle. Allerschlimmste Zeit. Im Osten verbleiben die getäuschten Idealisten und andere Verlierer, bald schon bevormundet von gewendeten Ex-Nazis in Stasi-Diensten. Im Westen verbleiben die gewendeten Ex-Nazis und die Gewinner. Am Ende haben sich alle so oft gewendet, dass jede schuldhafte Verstrickung gelöst ist. Väter zetern. Mütter haben keine Tränen mehr. Deutschland ist zerschmettert und zerrissen, aber die Deutschen deutscheln tapfer weiter.
"Tannbach" erzählt in drei Teilen das Epos vom Schicksal der Menschen in einem Weiler an der Grenze zwischen Bayern und Thüringen. Vorbild ist das reale Mödlareuth, das wegen seiner Teilung gerne "Klein-Berlin" genannt wurde. Vor diesem überschaubaren Tableau entfaltet sich nun die unmittelbare deutsche Nachkriegsgeschichte - als Wiedergeburt einer Nation aus dem Geist der Tragödie. Mit seinen Verweisen auf die Makro- und Mikrogeschichte schöpft "Tannbach" aus dem gleichen Reservoir wie zuvor schon "Unsere Mütter, unsere Väter", "Dresden", "Das Zeugenhaus" oder "Weißensee".
Ganzer Text: spiegel.de/kultur/tv/tannbach-…ina-gedeck-a-1010635.html