Die Wut der staatenlosen "Lettländer"

      Die Wut der staatenlosen "Lettländer"

      Im kleinen Lettland leben etwa 300.000 Menschen ohne Pass, meist ist dies eine Folge des Zerfalls der Sowjetunion. Sie dürfen weder wählen, noch im öffentlichen Dienst arbeiten. Moskau wirft der Regierung in Riga immer wieder vor, diese Menschen zu diskriminieren.

      Einige "Lettländer" wollen dies nicht mehr hinnehmen. Heute sind in Riga Proteste geplant.


      Von Tim Krohn, ARD-Hörfunkstudio Stockholm

      Auf dem Zentralmarkt von Riga kümmert sich niemand darum, ob man Lette oder Russe ist. Die Blumenverkäuferin Ineta spricht lettisch, ihre Kundin Alla antwortet auf Russisch. Der Markt, sagen die beiden Frauen, habe nun mal seine eigene Sprache.

      Ineta sagt: "Wie wir miteinander auskommen? Normal! Da gibt es nichts besonderes, wieso sollten wir auch nicht mit denen auskommen? Sie sind hier geboren und aufgewachsen." Alla pflichtet ihr bei: "Hier auf dem Markt ist die Sprache nicht so wichtig, der Markt hat doch seine eigene Sprache. Ich mag es sogar, hier auf dem Markt lettisch zu sprechen. Hier habe ich jedenfalls nicht das Gefühl, als wolle mich hier irgendjemand erziehen."

      Alla Berezovska ist eine von etwa 300.000 sogenannten Nicht-Bürgern im Land, darf weder wählen noch ein öffentliches Amt bekleiden. Zudem darf sie nicht bei der Polizei oder der Feuerwehr arbeiten. Sie klagt: "Im Land gibt es mittlerweile zwei Gesellschaften, die nebeneinander leben: die lettische und die russische. Aber es darf doch nicht so sein, dass die Letten alle belehren, in welcher Sprache unsere Kinder lernen sollen, welche Feste gefeiert werden dürfen und welche nicht."
      Einen Sprach- und einen Geschichtstest müsste Berezovska ablegen, wenn sie Lettin werden will. Ihrer Loyalität stünde auf dem Prüfstand. So einen Einbürgerungstest will sie nicht machen, aus Prinzip, wie sie sagt.

      Die Vereinten Nationen haben Lettland bereits scharf gerügt und dem Land einen mangelnden Integrationswillen unterstellt. Denn immerhin spricht jeder dritte Einwohner Lettlands russisch. Trotzdem gilt nur lettisch als Amtssprache. Und jetzt soll auch noch der Russisch-Unterricht in der Schule gestrichen werden.

      Ganzer Text: tagesschau.de/ausland/lettland-russland100.html

      Grizzly sein :senf2:
      Als ich in Riga war, hatte ich den Eindruck, dass Handel und Service weitestgehend in russischer Hand ist. Wenn ich mir einen 3-Wort-Satz Satz auf Lettisch abgestottert hatte, bekam ich die Antwort auf Russisch, manchmal auch in Englisch oder Deutsch (und das Personal sprach untereinander Russisch).
      Nach Zahlen von 2011 beträgt der Anteil der Letten an der Stadtbevölkerung mit 46,3 % eine knappe Mehrheit, 40,2 % sind Russen, 3,8 % Weißrussen, 3,4 % Ukrainer, 1,8 % Polen und 4,5 % Angehörige anderer Volksgruppen. Bei einem nationalen Volksentscheid im Februar 2012 wurde die Einführung des Russischen als zweite Amtssprache von 74,8 Prozent der Bevölkerung abgelehnt. Sogenannte „Nichtbürger“ ohne lettische Staatsbürgerschaft und Ausländer mit fremder Staatsbürgerschaft (also auch Russen) waren nicht abstimmungsberechtigt.

      de.wikipedia.org/wiki/Riga#Bev.C3.B6lkerungsentwicklung
      :reg:
      :wechsel:
      Entspanne dich. Lass das Steuer los. Trudle durch die Welt. Sie ist so schön.
      - Kurt Tucholsky -