Düsseldorf - Reise in Grizzlys Vergangenheit

      Düsseldorf - Reise in Grizzlys Vergangenheit

      Anlässlich einer Fortbildung hatte ich nach Jahrzehnten Düsselabstinenz wieder einmal die Gelegenheit, die nordrheinwestfälische Landeshauptstadt zu besuchen. 1969 - 72 habe ich hier gelebt und eine Krankenpflegeausbildung absolviert.

      Dass Düsseldorf am Rhein liegt, ist bekannt. Dass dort auch ein 4o km langes Flüsschen namens Düssel in den Strom mündet, verrät im wesentlichen nur der Name des "Dorfes". Wobei es vier Mündungsarme der Düssel gibt (eben erst gelernt), die nördliche und südliche Düssel sowie der Kittel- und der Brückenbach. Im Stadtbereich verlaufen die Düssel-Arme meistens unterirdisch, auch am Schlossplatz ist die dort einmündende nördliche Düssel verrohrt und für den Touristen oder Flaneur nicht sichtbar.



      Der Schlossturm ist das einzige, was von dem mehrmals abgebrannten Schloss nach dem letzten Brand 1872 übrig geblieben ist. Heute ist ein Museum drin, ausserdem soll dort (wie in diversen anderen Schlössern) eine Weisse Frau herumspuken, die von ihrer damals üblichen Tracht eigentlich schwarz sein müsste - die am 3. September 1597 in diesem Turm ermordet aufgefundene Markgräfin Jakobe von Baden, Ehefrau des Markgrafen Johann Wilhelm von Jülich-Kleve-Berg.

      Heut spuken nicht gerade leise Scharen vorwiegend jüngerer Jahrgänge auf der benachbarten Rheinpromenade herum, nach mehr oder weniger ausgiebiger Druckbetankung in den Kneipenstraßen der Altstadt. Auf dem gegenüber liegenden Oberkasseler Ufer ist es etwas ruhiger.





      (wird fortgesetzt)
      :reg:
      :wechsel:
      Entspanne dich. Lass das Steuer los. Trudle durch die Welt. Sie ist so schön.
      - Kurt Tucholsky -
      Nur den Eingeweihten :kw: und den mehr oder weniger unfreiwilligen Gästen :krankenbesuch:
      ist eine abseits der Altstadt im Stadtteil Bilk gelegene Großeinrichtung bekannt, nämlich die Uniklinik.
      Die hat ganz viel mit meiner Biographie zu tun - erste Ausbildung, erstes selbstverdientes Geld (von kleinen Taschengeldaufbesserungen wie Ferienjob auf dem Bau oder Verkehrszähler abgesehen), erste sturmfreie Bude
      und erste Freundin :hasenkuss:

      Am 30. Juni 1969 kam ich hierher, per Bahn mit einem Fahrrad und zwei Koffern - um drei Jahre später meinen angesammelten Hausrat Richtung Frankfurt/M. abzutransportieren, brauchte ich schon einen VW-Bus.

      Meine erste Bude war noch ein Doppelzimmer im Pflegerheim (männliches und weibliches Pflegepersonal, zumal in der Ausbildung, war damals streng getrennt) und auch nicht sturmfrei. Wobei mein Mitbewohner noch weniger als ich an einer männlichen Zweisamkeit interessiert und entsprechend selten da war, so hatte ich wenigstens meine Ruhe, auch wenn ich keinen Besuch mitbringen durfte.

      Da wo das Heim stand, ist jetzt ein Parkplatz,

      dahinter die chirurgische Klinik, deren Tore und Aufzüge so geräumig waren, dass ein Stationsarzt einmal mit seinem Porsche reinfuhr, sein Vehikel in den Aufzug setzte und dann im 7. Stock auf dem Flur vor seiner Station eine Runde drehte.

      Zurück zu meiner Wohnstatt. Im Sommer 1970 bekam ich nämlich ausserhalb des Klinikgeländes ein eigenes Zimmer -
      das erste knappe 3x3, das zweite dann schon 3x5 Meter groß, in einer klinikeigenen Baracke (Witzelstraße 146), die den schönen Namen Ponderosa trug, wohl wegen der Schwingtüren am Eingang, die an einen Western-Saloon erinnerten.

      Die meisten meiner Mitbewohner waren marokkanische Klinikarbeiter, was im Winter regelmäßig zu nächtlichen Ruhestörungen durch die Klinikaufsicht führte, weil die Herrschaften bei Schneeeinbruch um 5 Uhr morgens in die Baracke rumpelten und die armen Marokkaner weckten: "Schneeräumen ! 6 Uhr Dienstbeginn !" Ich gehörte, neben einigen Kollegen, zwar nicht zum Schneekommando, aber an Schlaf war bei dem Krach dann nicht mehr zu denken.

      1971/72 freundete ich mich mit einer Schülerclique an, die in meiner Bude einige Feste organisierte, was in den elterlichen Wohnungen so nur schwer zu machen gewesen wäre. Dafür räumten sie vor dem jeweiligen Fest regelmäßig bei mir auf, so hatte jeder was davon.

      Die Ponderosa ist längst abgerissen, dafür gibt's jetzt diesen Parkplatz samt Firmengebäude dahinter.



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      - Kurt Tucholsky -
      Das letzte Bild :ob: zeigt auf der rechten Seite ein Haus (Witzelstr. 150), das zu meiner Zeit Wohnungen für Klinikangehörige enthielt. Das sehen wir hier :un: wieder, auch auf der rechten Seite, jetzt ist es aber eingezäunt und gehört wohl zu einer Firma, dahinter war die Ponderosa. Daneben gab's damals noch eine gemütliche Liegewiese - die ist jetzt asphaltiert.



      Die Witzelstraße konnte man damals noch zu Fuß überqueren, die Straßenbahnschienen auch; jetzt ist das alles eingezäunt, und an der Straßenbahn endhaltestelle Christophstraße/Stoffelner Kapellchen hat man einen Übergang gebaut - auf dem ich jetzt stehe (oberes Bild).



      Das Klinikgelände ist eingezäunt, und das Türchen gegenüber der Ponderosa war oft zu. Aussenrum war, z.B. wenn man in der Chirurgie arbeitete, ein ordentlicher Umweg, und unsereins war ja noch sportlich und de Stacheldraht auf dem Metallgitterzaun da, wo man drübersteigen wollte, schon so heruntergedrückt, dass man sich nicht mehr verletzen konnte - auch das geht heut nicht mehr :traurigdenkend:

      Im Januar 1972 bekam ich ein Auto - einen VW-Käfer Baujahr 1965, unten grün, oben weiss, für 250 DM.
      Sah so ähnlich aus wie dieses mexikanische Taxi, das Grün war etwas dunkler :klick:

      Anfangs sprang er kalt nicht an Ich schob ihn also aus der Hofeinfahrt, hängte mir schon mal das Schleppseil um den Hals und versuchte ein Auto auf der Witzelstraße zu stoppen (heut ging das nicht mehr, da Schnellstraße).



      Nach weniger als einer halben Stunde erbarmte sich jemand, schleppte mich an, und dass lief er, auch bei erneutem Start. Vier Wochen später brachte mich jemand auf die Idee, die Zündkerzen auszuwechseln, und half mir dabei. Seitdem lief das gute Stück, auch ohne Anschleppen.
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      - Kurt Tucholsky -
      Nochmal dieses Panoramabild, weil's die Übersicht erleichtert:
      Links der Klinikzaun, in der Mitte die Straßenbahn, rechts davon die Witzelstraße. Am Ende des Bildes, aber noch vor dem Kirchturm, geht's nach links zum Haupteingang der Unikliniken ind der Moorenstraße (auch eine Straßenbahnhaltestelle).



      Die Moorenstraße ist nicht politisch inkorrekt nach den Bewohnern Afrikas benannt, sondern nach dem einheimischen Augenarzt Albert Clemens Maria Hubert Mooren. Ihre linke Seite, wenn man von der Witzelstr. kommt, ist ausschliesslich Uniklinik, hier der Haupteingang.



      Früher konnte man da mit dem Auto reinfahren - wenn der Pförtner gut drauf war, sogar Schrottkäferfahrer wie ich.
      Mein grün-weisses Vehikel hielt nur ein halbes Jahr, dann drückte die Kompression auf die Ölwanne, und ich wechselte zusammen mit einem Kollegen von der Krankenpflegeschule unter tatkräftiger Unterstützung des Schrottplatzbesitzers den Motor aus - aber eine Woche später verabschiedete sich das Getriebe, und dann war erstmal Schluss mit der Autofahrerherrlichkeit.

      Von der Mooren- geht die Naegelestraße ab, ebenfalls nach einem Arzt benannt, nämlich Franz Karl Joseph Naegele (1778-1851), nachdem die gleichnamige Regel benannt ist, mit der man den Geburtstermin ausrechnen kann, oder, wenn der schon stattgefunden hat, zurückrechnen, wann der Mensch entstanden ist (was wir in unserer Krankenpflegeschulklasse mit wachsender Begeisterung gemacht haben).



      Dahinter befindet sich der Eingang zu einem besonderen Objekt männlich-jungmedizinischer Begierde, nämlich das Schwesternschülerinnenwohnheim des DRK.



      Ein Wohnheim scheint es immer noch zu sein, wer drin wohnt und nach welchen Regeln, weiss ich nicht. Damals war es zu Beginn meiner Ausbildung für unsereins ganz gesperrt (Ausbildungsschwesternstandardspruch im Anfängerinnenblock: "Krankenpflegeschüler, meine Damen, befinen sich unter Ihrem Niveau"). Was verboten ist, macht natürlich grad scharf, und bis 1971 war die Festung zwar nicht geschleift, aber sie wackelte - wir durften uns immerhin bis 20 Uhr im Heimwohnzimmer zusammen mit unseren Mitschülerinnen aufhalten.
      Nachspiel:
      Drei Jahre nach Ende meiner Ausbildung kam ich auf Besuch in Düsseldorf mit einer Krankenschwesternschülerin zusammen - die Beziehung hielt nicht allzu lang, aber der Nachtschlüsselzwang (den die Schülerinnen für Ausgänge nach 23 Uhr brauchten und den meine angehende Freundlin nicht hatte, was für eine lange gemeinsame Nacht sorgte ...) hatte doch noch etwas Gutes geleistet, wenngleich nicht im Sinn der Urheberinnen dieser Regel.
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      - Kurt Tucholsky -
      Die Beschreibung ist toll geworden und so manches hat mich zum Schmunzeln gebracht :hasengrins:
      Doch irgendwie scheint mir auch ein wenig Wehmut mit zu schwingen...

      Ich selbst habe, obwohl mal dort gewesen, nichts von Düsseldorf gesehen.
      Zu der Zeit arbeitete ich noch mit behinderten Menschen und war auf der Reha - für die Stadt blieb absolut keine Zeit.
      Nun habe ich durch Dich doch noch ein wenig zu sehen bekommen und das ist wirklich schön für mich.
      Dankeschön :hasenstrauss:

      :hasenkuss:
      :o_linie3:


      Jede Reise hat zwei Höhepunkte:
      den einen, wenn man hinausfährt,
      erlebnishungrig und voller Erwartung -
      und den anderen, wenn man heimkehrt, gesättigt von den Eindrücken
      und in Vorfreude auf das eigene Zuhause.

      (Heinrich Spoerl, Auszug aus "Die Hochzeitsreise)
      Meine Erinnerung an Düsseldorf ist etwas "unorthodox", um es mal so auszudrücken:
      als wir vor zwei Jahren nach Irland geflogen sind, sind wir über Düsseldorf geflogen.
      Dummerweise hatte ich wenige Tage vorher einen ganz üblen Magen-Darm-Virus.

      Das besonders Üble an der Sache ist, dass mich sowas völlig außer Gefecht setzt (ich will das jetzt nicht näher beschreiben, aber bei mir gibt es keinen "Mechanismus", der das Erbrechen wieder stoppt. Bei anderen Menschen hört das irgendwann wieder auf, bei mir geht das soweit, dass ich dann irgendwann Elektrolyte brauche oder wie das supereklig schmeckende Zeugs heißt,....).

      Wie dem auch sei:
      wir sind damals an einem Mttwoch geflogen und am Sonntag vorher hatte ich das "große K....".
      Jedenfalls habe ich den Düsseldorf so in meiner Erinnerung, dass ich eine Sch****-Angst hatte, den Flug nicht besonders gut zu überstehen. Der Flug von Nürnberg nach Düsseldorf hat nur etwa eine halbe Stunde gedauert und ich wusste, dass der Flug von Düsseldorf nach Dublin etwa zwei Stunden dauern wird.

      In der Wartehalle hatte ich ganz schön Bammel, dass ich zum "Schwächeln" anfange, ich hatte mich da noch nicht so ganz "wieder unter den Lebenden" gefühlt.

      Wie dem auch sei:
      alles hat wunderbar geklappt, Düsseldorf bleibt mir in "besonderer" Erinnerung. :hasenfloet:
      Viele Grüße vom "Kleeblatt".

      Allein sein zu müssen, ist schwer –
      allein sein zu können, ist schön.

      (Rabindranath Tagore)


      @ Kleeblatt:
      Da hast Du dann von Düsseldorf nur den Flughafen in Erinnerung - so wie ich Paris und Mombasa. Aber im Gegensatz zu mir, wo mir das relativ egal war, dürftest Du heilfroh gewesen sein, ihn hinter Dir gelassen zu haben.
      Selber war ich nur ein einziges Mal am Flughafen (ca. 1972), als ich dringend Geld brauchte und alle anderen Zweigstellen der Stadtsparkasse schon zu hatten.
      :reg:
      :wechsel:
      Entspanne dich. Lass das Steuer los. Trudle durch die Welt. Sie ist so schön.
      - Kurt Tucholsky -