Münster/Westfalen

      Original von Topolino
      Kommentar zum Aasee:
      Wenn der Aasee zufriert, das ist ein Traum. Dann ist die (gefühlt) ganze Stadt mit Kind und Hund und überhaupt auf dem Eis spazieren. Münster bei Schnee ist überhaupt auch sehr charmant.

      Hast Du den zugefrorenen Aasee mal miterlebt ?Ich stell mir das so ähnlich vor wie die zugefrorene Aussenalster in Hamburg.

      Donnerstag 7.3.2013

      Heute sind die Wasserschlösser dran, von denen es um Münster eine Menge gibt.
      Kamera wieder dabei, hier erstmal die Kinderhauser Straße, wo mein Quartier ist.
      Ganz links El Greco, das nächstgelegene Restaurant, etwas in der Mitte der Straße links (kaum zu sehen) die Nr. 32.
      Der Himmel ist nicht mehr ganz so blau wie an den Vortagen.



      Die Touristeninformation empfiehlt mir das Rüschhaus, wo die Dichterin Annette von Droste-Hülshoff gelebt hat, dort soll um 13:00 die nächste Führung sein. Einen Plan der Buslinie 14 bekomme ich auch gleich mit, und ab geht's, weit aus der Stadt heraus ins flache Münsterland.







      Hier ist alles verriegelt und verrammelt, naja, ist auch noch nicht 13 Uhr.
      Schaun wir uns derweil im Garten um.









      Schneeglöckchen en masse ...



      aber das Haus macht weiterhin einen verschlossenen Eindruck, auch von hinten.




      :reg:
      :wechsel:
      Entspanne dich. Lass das Steuer los. Trudle durch die Welt. Sie ist so schön.
      - Kurt Tucholsky -
      Mittlerweile ist es schon nach 13 Uhr und von einer Führung nichts zu sehen, alles verriegelt und verrammelt, an einer Seitentür ein Schild: Museum geschlossen. Was hat mir die Touristeninformation da für einen Mist erzählt ? Ein junger Mann, der aus einem Seitengebäude kommt, meint, die Führungen gingen erst ab April los. Ähnliches steht übrigens auf der HP, aber als ich die studiert hab, war der Urlaub schon vorbei.

      In fünf Kilometer Entfernung soll ein anderes Wasserschloss sein, der junge Mann gibt mir eine etwas vage Beschreibung, und ich laufe los. Zwischen Schloss und Straße ist ein kleines Wäldchen, das Hochzeitswäldchen heisst:


      Sieht eher aus wie ein werdender Obstgarten :kratz:


      Am Stamm können sich die Brautleute, die den Baum gepflanzt haben, verewigen.


      Ich marschiere eine Weile in die Richtung, die mir der junge Mann gezeigt hat. Als ein Bauer vorbeikommt, weiss der weit und breit von keinem Wasserschloss als von dem, wo ich gerade herkomme. Ein Müllwagenfahrer mit Migrationshintergrund hat dann doch einen Tipp für mich und zeigt in die Querstraße hinter mir:
      "Do is a Riesenschloss !"

      Ich hatte das bis dahin für die Zufahrt zu einem landwirtschaftlichen Anwesen gehalten,




      das es einerseits auch ist, andererseits hat es ein Türmchen.





      Haus Vögeding heisst das Schloss, leider kann man nicht rein, weil es privat bewohnt und ein Teil des Gutshofs ist.
      Immerhin haben sie eine Infotafel vorm Haus und eine HP, wo man die Geschichte nachlesen kann:
      hausvögeding.de/
      :reg:
      :wechsel:
      Entspanne dich. Lass das Steuer los. Trudle durch die Welt. Sie ist so schön.
      - Kurt Tucholsky -
      Immer noch Donnerstag, 7.3.2013

      Nach der missglückten Wasserschlossbesichtigung fahre ich zurück in die Stadt und besuche das Stadtmuseum. Der Eintritt dort ist kostenlos. Interessant für mich ist v.a. die Geschichte der Täufer (darüber hab ich schon geschrieben) und die der Stadt im 2. Weltkrieg.

      Beim Datum dieses Zeitungsartikels werde ich stutzig :kratz:







      Diese Drecksnazis haben sich schon sechs Jahre vor Kriegsbeginn auf den erwarteten Bombenkrieg vorbereitet :haarerauf:
      Und sogar die Kinder sollten spielerisch lernen, dass Bomben etwas völlig normales sind -



      das Kriegsende war dann mit einem Mensch-ärgere-Dich-nicht-Spiel nicht mehr zu vergleichen.
      muenster.de/stadt/kriegschronik/1945_bomben_bilanz.html

      Das war mir zwar nicht völlig neu, aber in dieser Unverfrorenheit ist es mir noch nicht begegnet.
      :reg:
      :wechsel:
      Entspanne dich. Lass das Steuer los. Trudle durch die Welt. Sie ist so schön.
      - Kurt Tucholsky -
      Freitag 8.3.2013

      Es ist deutlich kälter geworden und vor allem vormittags sieht es nach Regen aus.
      Ich fahre trotzdem nochmal in Richtung Aasee/Mühlenhof, dort liegt auch das Naturkundemuseum -

      da drin wär das Wetter wurscht.

      Erstmal dreh ich eine Runde um's Freilichtmuseum.









      Die Hofglocke rief auf den Gutshöfen
      zur Versammlung oder zum Gottesdienst.



      :grins: Hab ich Dich erwischt !

      Das war vor dem Wintereinbruch :kratz:

      Der Backsteinbau ist das Naturkundemuseum, der gelbe Ball auf dem Dach soll die Sonne darstellen,
      die Betonquader davor die Planeten; auf den Quadern ist obendrauf eine Tafel,
      auf der der aktuelle Planet verzeichnet ist.
      Hier steh ich, wenn ich's richtig erinnere, vor dem Mars -
      die Kuppel gehört zum Planetarium, da geht ich jetzt rein.
      Während der Vorführung kann ich keine Bilder machen, sonst gibt's Durcheinander, ausserdem isses zu dunkel da drin.
      Mehr Infos zum Planetarium findet Ihr hier:
      lwl.org/LWL/Kultur/lwl-naturku…ium/ueber-das-planetarium
      :reg:
      :wechsel:
      Entspanne dich. Lass das Steuer los. Trudle durch die Welt. Sie ist so schön.
      - Kurt Tucholsky -
      Auf dem Rückweg (wie üblich mit dem Bus, Tageskarte für unschlagbare 4,30€) fällt mir,
      als wir die Promenade kreuzen, dieses Haus auf, das an ein mittelalterliches Schlösschen erinnert.



      Sorry, es ist schon ein bissl finster draussen

      Daneben stehen in einem kleinen Park seltsame Gebäudereste, sehen mittelalterlich aus, aber ich weiss, dass, wer Geld hatte, in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts manchmal ähnliches gebaut hat, wenn sich derjenige vom Geschmack der Masse abheben wollte.



      Ein Einheimischer klärt mich auf. Wir befänden uns auf dem Gelände des ehemaligen Zoos, das Schlösschen hätte dem ehemaligen Direktor und Gründer Hermann Landois gehört. Die eigenartige Architektur des Zoos hätte die Handschrift seines Schöpfers getragen, über dessen Originalität ich schon eingies gelesen hatte.
      An seinem Wohnsitz, der Tuckesburg, fungierte der ausgestopfte Affe Lehmann als sein ständiger Begleiter. Der Überlieferung zufolge soll der Affe an einer „Säuferleber“ (med. Alkohol-Hepatitis) gestorben sein, auch sein Pferd Landois sei des Öfteren mit Bier getränkt worden. Bereits zu Lebzeiten setzte er sich selbst vor der Tuckesburg ein Denkmal. Es existiert noch heute, erhielt aber im Allwetterzoo einen neuen Standort. Bemerkenswert ist, dass er den Zylinder seines Standbilds als Nistkasten ausführen ließ.

      de.wikipedia.org/wiki/Hermann_Landois


      Früher wohnten hier Eulen





      heute können Kinder Versteck drin spielen.
      :reg:
      :wechsel:
      Entspanne dich. Lass das Steuer los. Trudle durch die Welt. Sie ist so schön.
      - Kurt Tucholsky -
      Immer noch Freitag 8.3.2013

      Um fast die ganze Stadt läuft die Promenade. Das war früher ein Wall mit Gräben, der zur Stadtbefestigung gehörte. Diese wurde ab 1770 aufgegeben und an ihrer Stelle eine Allee gepflanzt. Heute sind an den Seiten Fußgänger- und in der Mitte ein Fahrradweg, auf dem man zu Stoßzeiten über 1000 Radfahrer zählen kann - also man muss schon aufpassen, dass man, wenn man da rüberwill, nicht über den Haufen gefahren wird. Wobei man, zumindestens zur Feierabendzeit, auch auf den Seitenwegen vor Carambolagen mit Joggern nicht gefeit ist.





      Zwischendurch hat man von da oben eine richtig schöne Aussicht.






      Hier fliesst die Aa in den Aasee.

      Zum Farbe Bekennen isses jetzt noch zu kalt.





      Einen Teil der zur Stadtbefestigung gehörenden Wassergräben hat man belassen.



      An einigen Stellen ist die Promenade unterbrochen, wie hier an der Ludgerikirche.





      Und wo eine Kirche ist, findet man meistens auch eine Kneipe :bierprost:
      :reg:
      :wechsel:
      Entspanne dich. Lass das Steuer los. Trudle durch die Welt. Sie ist so schön.
      - Kurt Tucholsky -
      Samstag, 9.3.2013

      Der Kater hat sich in Grenzen gehalten, der Koffer ist gepackt, Frühstück einverleibt und Wirtin verabschiedet - heut geht's heim.
      Da der Zug von Münster nach Hamburg nur gut zwei Stunden braucht, hab ich für 15 Uhr noch die Krimi-Tour gebucht und deponiere mein Gepäck erstmal in einem Bahnhofsschliessfach.

      Erstmal schlendere ich über den verregneten Markt (links Lambertikirche, rechts Rathaus).



      (links Dom, Mitte Rathaus)

      Dieses Schild gibt erstmal Rätsel auf :kratz:




      Mir wird erklärt, dass das Schild ein Kunstwerk ist und zum angekündigten Zeitpunkt ausgetauscht wird. Das passiert seit 1992 alle 4 Jahre, jedenfalls wenn das Stadtkulturamt dran denkt - was 2008 nicht der Fall war. Da standen mehrere Hundert Zuschauer da und nix passierte - als die Herrschaften ihr Versäumnis bemerkten, holten sie die Aktion nach (das Schild lag ja schon bereit), aber die Zuschauer waren natürlich schon gegangen. Mehr dazu hier (am oberen linken Rand der Nervwerbung kann man die wegklicken):
      muensterschezeitung.de/lokales…ldertausch;art993,1600032

      Das Kutschgeschäft läuft witterungsbedingt schleppend,



      dafür stehen andre Kutschen da, die mehr beschäftigt sind.



      Polizeirelevant sind an diesem Regentag:

      - ein Fußballspiel der Drittligaclubs Preussen Münster gegen Arminia Bielefeld, wobei sich ein Teil der jeweiligen Fans überhaupt nicht mögen. Da das Spiel in Bielefeld stattfand, war der Arbeitsauffwand für die Münsteraner Polizei überschaubar. Endresultat übrigens 1:1.

      - eine Demo gegen das Recht auf Schwangerschaftsabbrüche durch die rechtskonservative Gruppierung "Tausend Kreuze" und, natürlich,

      - eine Gegendemo für eben dieses Recht.

      Ein Polizist erklärt mir vor der Lambertikirche die Gemengelage, wobei seine Sympathien offensichtlich (wie meine) bei den gegendemonstranten sind (die Bezeichnung "rechtskonservativ" stammt von ihm). Mir hat noch nie ein Polizist so freundlich ausführlich eine Demo erklärt - bevor ich mich allerdings bedanken kann, unterbricht uns ein anderer Beamter, der etwas von ihm will. Und Dienst geht bekanntlich vor.



      Ich laufe ein paar Meter mit der Demo mit, als ich durch einen Anruf von Schnuppi unterbrochen werde -
      dann ist es auch schon 15 Uhr, und die Krimiführerin wartet.

      :reg:
      :wechsel:
      Entspanne dich. Lass das Steuer los. Trudle durch die Welt. Sie ist so schön.
      - Kurt Tucholsky -
      Die beiden Helden, die die Stadtführerin mit dem markanten pinkfarbenen Regenschirm da vor sich her hält, könnt Ihr hier gleich noch mal in Groß bewundern (bissl runterscrollen). Und in dem Link kommt auch gleich ein Dauerthema bei jeder Krimiführung, egal wo, zur Sprache, nämlich dass viele Szenen nicht vor Ort, sondern ganz woanders gedreht worden sind. Z.B. erinnere ich mich an eine Schluss-Szene beim Bullen von Tölz, die auf der mir seit Kindheit vertrauten Pöckinger Bahnhofsbrücke spielte.

      Manches passiert dann doch in Münster, dazu muss auch schon mal ein Bankgebäude zwischen Rathaus und Dom als katholisches Internat herhalten, in dem ein Mord geschehen ist, den Börne/Thiel aufklären müssen.





      Diverse Restaurantszenen spielen sich im "Kiepenkerl" ab, es gibt den großen und den kleinen, und davor das Denkmal desselben. Kiepenkerle waren hausierende Kleinbauern aus dem Umland, die landwirtschaftliche Produkte verkauften, sich aber auch als Heiratsvermittler betätigten. Auf jeden Fall Münsteraner Originale.





      Wenn man Tatort oder Wilsberg guckt, möchte man meinen, Münster ist die Hauptstadt des Verbrechens. Nun, das ist sie nicht, lediglich in einem Delikt ist die Stadt deutschlandweit Spitze, nämlich bei den Fahrraddiebstählen. Pro 100.000 Einwohner wurden 2011 in Münster laut WAZ 1.756 Räder geklaut, weit abgeschlagen dahinter landeten Bremen (1.185), Lübeck (1.124), Magdeburg (1.076) und Freiburg im Breisgau (1.036). Hamburger (755), Berliner (751) und Münchner Radldiebe (387) sind da vergleichsweise inaktiv (das soll jetzt, bittschön, keine Aufforderung sein).

      Aber es gibt auch echte Kriminalfälle in Münster.
      Einer, der Fall Rohrbach, ist bis heute nicht geklärt. 1957 wurde an der Aa in der Innenstadt ein männlicher Torso gedunden, identifiziert als Hermann Rohrbach. In einem von skandalösen Fehlern strotzenden Indizienprozess wurde seine Witwe zu Lebenslang verurteilt. Angeblich sollte sie ihn mit Tallium vergiftet, zerstückelt und dann über die Stadt verteilt haben. Den nicht gefundenen Kopf habe sie, so das Gericht, im Kamin verbrannt, "Beweis": Eine erhöhte Tallium-Konzentration im Kamin. Im Wiederaufnahmeverfahren - nachdem der angeblich verbrannte Kopf doch noch aufgetaucht war - bewies die Verteidigung u.a., dass Tallium in Münsteraner Kaminen häufig zu finden war, zum Teil in wesentlich höherer Konzentration als im Rohrbach-Haus, Maria Rohrbach wurde daraufhin 1961 freigesprochen.

      Hier war der erste Fundort - ein Busfahrer habe noch Jahre später die Haltestelle als "Rohrbach Sägewerk" ausgerufen.



      Die Tour endet dort, wo ich am ersten Tag meiner Münster-Tour schon war - bei "Wilsberg",



      wo der Inhaber Michael Solder mehrmals im Jahr seinen Laden ausräumen muss, damit Schauspieler, Drehteam und Kameraausrüstung in den winzigen Räumen Platz finden.

      So, jetzt muss ich aber heim, Wilsberg gucken - letztendlich war ich etwas zu spät, Schnuppi hat's zum Glück aufgenommen.

      - ENDE -
      :reg:
      :wechsel:
      Entspanne dich. Lass das Steuer los. Trudle durch die Welt. Sie ist so schön.
      - Kurt Tucholsky -
      P.S.
      Inzwischen hat es doch einen Kriminalfall gegeben, als ein Mann mit seinem VW-Bus am "Kiepenkerl" in die voll besetzten Freiluftcafes fuhr. Zwei Gäste überlebten das nicht, der Mörder erschoss sich.
      Unmittelbar danach fing die rechte Hetzergemeinde zu geifern an, von Erdowahn bis den AfD-Faschisten: Der Täter MUSSTE ein Islamist sein.
      Pustekuchen - es war ein Biodeutscher, dumm gelaufen.
      :klick:
      :reg:
      :wechsel:
      Entspanne dich. Lass das Steuer los. Trudle durch die Welt. Sie ist so schön.
      - Kurt Tucholsky -