Von Meissen bis Zittau

      Von Meissen bis Zittau

      27. - 30.4.06

      28.4.
      Wenn ich Meißen höre, denk ich an Porzellan.
      Hör ich Porzellan, denk ich an Elefanten.
      Solang ich im Museum der Porzellanmanufaktur bin,
      kann ich an nix anderes denken.
      Das sag ich dann auch der Ansichtskartenverkäuferin dort.
      Die meint:" Och, gestern war ein Pferd hier drinne."
      - Wie denn das ???
      - Nu, der Reklamegag eines Reitsportvereins.
      Die haben dann eben mal ein Pferd hier durchgeführt.

      Es gibt übrigens Elefanten hier drin.
      Die sind allerdings aus Porzellan und gefährden die Sammlung nicht.
      :reg:
      :wechsel:
      Entspanne dich. Lass das Steuer los. Trudle durch die Welt. Sie ist so schön.
      - Kurt Tucholsky -
      Bei Karl May (30.4.)

      Karl May ist m.W. immer noch der meistgelesene deutsche Autor.
      Zwischen 11 und 15 hab ich alles von ihm gelesen,
      was ich kriegen konnte.
      Von dem Stoppel-Arabisch aus "Durch die Wüste"
      profizierte ich bei meinem Kairo-Aufenthalt,
      während ich bei den Indianer-Sprachen davon ausging,
      dass er sich die ausgedacht hat.

      Jetzt war ich jetzt bei IHM daheim, in Radebeul,
      in der Villa Shatterhand und der Villa Bärenfett.
      Dort ist eine eindrucksvolle Ausstellung über ihn
      und die nordamerikanischen Indianer.

      Karl May war ein Aussenseiter,
      der den größten Teil seines 3. Lebensjahrzehnts im Knast verbracht hat,
      wo er dann -animiert durch die Knastbücherei-
      beschloss, Schriftsteller zu werden,
      und diesen Plan bekanntlich mit großer Energie umgesetzt hat -
      von den Einnahmen konnte er sich dann diese stattliche Villa bauen lassen
      und doch noch zu den nordamerikanischen Indianern sowie in den Orient reisen,
      wo er feststellen musste,
      dass seine Bücher mit dem, was er dort vorfand, nicht viel zu tun hatte.

      Andererseits waren seine Wegbeschreibungen (nur aus Büchern !) so genau,
      dass sich ein Freund von mir
      mit seinen Geographiestudenten noch daran orientieren konnte -
      wenn bei "Durchs wilde Kurdistan" stand,
      dass man an diesen oder jenen Ort nur mit dem Esel hinkommt,
      hatten sie mit einem Kleinbus keine Chance.



      Eine Aufseherin -erkenntlich am Sheriffstern- hat mir erzählt,
      dass es in der DDR bis Anfang der 80er verboten war, Karl May zu lesen;
      es haben aber trotzdem viele gemacht.
      Was denen passiert ist, die erwischt wurden, konnte sie mir allerdings nicht sagen -
      es wurde halt keiner erwischt.

      In der Ausstellung bekam ich auch heraus,
      dass die Indianersprachen-Einsprengsel echt waren,
      und keine Phantasieprodukte.
      Es gab tatsächlich schon Mitte des 19. Jahrhunderts Leute,
      die jahrelang in der Prärie oder sonstwo herumgezogen sind
      und die Sprachen der Einheimischen aufgezeichnet
      und dann Bücher darüber geschrieben haben.

      Ein paar Indianerwörter und einen Satz hab ich heut noch im Kopf.
      Viel kann ich damit allerdings nicht anfangen.
      Zum einen komm ich da, wo das noch verstanden wird, nicht mehr hin.
      Zum andern ist dieser übrig gebliebene Satz aus der Utah-Sprache wenig alltagstauglich,
      er heisst:
      Nani witsch, nine pokai - Du hast mein Messer, töte mich.
      :reg:
      :wechsel:
      Entspanne dich. Lass das Steuer los. Trudle durch die Welt. Sie ist so schön.
      - Kurt Tucholsky -
      Europa wächst zusammen (29.4.)

      In der "Sächsischen Zeitung" steht, dass am Abend des 29. April 2006 -meinem Geburtstag- am Dreiländereck ein Europa-Fest stattfindet, aus Anlass des jahrestags des EU-Beitritts Polens und Tschechiens.
      Was ein überzeugter Internationalist ist, wie ich, der muss da hin.

      Von Meißen über Dresden nach Zittau mit dem Zug ist nicht die Hürde. Zittau ist ein hübsches Barockstädtchen, eher österreichisch anmutend, aufgrund des Regenwetters aber eher trist. Nachdem ich herausbekommen hab, dass das Dreiländereck zu Fuß zu weit ist, nehm ich mir ein Taxi.

      Ich hätt schon misstrauisch werden müssen, als er die Zentrale anrufen muss, um zu erfahren wie man das hin kommt. Auf einem Radweg an der Neisse setzt er mich dann ab, in Sichtweite von Musik, Festzelten und Fahnen. Eine Brücke über die Neisse steht auch da. Naja.

      Eine ältere Dame erklärt mir, die Brücke sei seit 1945 gesperrt, obwohl sie eigentlich übergehbar aussieht. Aber wenn die Deutschen eine Brücke sperren, machen sie das gründlich. Eisengitter mit Übersteigschutz, einen Meter über die Brücke hinaus. Für Sportmuffel wie mich ist da keine Chance.
      Wo die nächste Brücke ist ?

      Man sagt mir, eine halbe Stunde nach Süden. Ich lauf, angespornt von meiner Wut und von der tschechischen Bumsmusik die Neisse entlang, über Wiese, Wald, Sumpf, Bachübergang. Dann kommt eine verfallene Fabrik in Sicht, ein geteerter Wanderweg und zwei junge Frauen.
      Die frag ich nach der nächsten Brücke.

      In gebrochenen Deutsch bitten sie mich, langsamer zu sprechen - ich bin bereits in :czechrepublic: Auch kein Thema. Prosim, kte je most ? - bitte, wo ist die Brücke ? Tade - da lang.

      Die ersehnte Brücke kommt in Sicht, davor eine Kneipe. Das folgende ist jetzt tschechisches Basiswissen, ohne das in diesem Land überhaupt nichts geht.
      Dobri den - guten Tag !
      jedno pivo prosim - ein Bier bitte :bierprost_klein:
      Das bekomme ich prompt, "70 Cent", verlangt der Wirt auf Deutsch.

      Ich lauf dann zwei km auf der anderen Neisse-Seite entlang,n der Regen wird immer stärker, und als das Festgelände in Sicht kommt, spielt keine Musik mehr. Sie sind offensichtlich am Abbauen. Auf dem Grill liegt noch eine heisse Wurst, das wird meine. Ein gut gezapftes Bier krieg ich auch, darauf ist bei den Tschechen Verlass.

      Die junge Mutter einer vierköpfigen Zittauer Familie erklärt sich bereit, sich zwischen ihre Kleinkinder auf den Rücksitz des Winz-Corsa zu quetschen, so komm ich wieder trocken nach Zittau (muss ja meinen Zug nach Meissen kriegen, wo sich aktuell mein Bett befindet)..

      Der Corsa parkt in :polen: wozu man einen Bach (Brücke vorhanden/ P.S.: 2007 nicht mehr) überqueren muss. Auf der polnischen Seite steht ein Geländewagen der polnischen Grenztruppen; ich bin noch mitten auf der Brücke, da springt ein Grenzer in den Regen hinaus und fragt mich nach "dokumenty". Ich klapp meinen Geldbeutel auf, so dass er kombiniert, dass ich wahrscheinlich einen Ausweis hab - angesichts der Witterung reicht ihm das.

      Sowohl auf der tschechischen als auch auf der polnischen Seite
      steht ein Dreiländereckdenkmal (bei den Deutschen steht's am anderen Neisseufer, ca. 100m weg).
      Bei den Polen steht ein mehrsprachiger Spruch drauf: "Hier wächst Europa zusammen."

      Das ist schön.
      Und damit es besser wächst, muss man es gießen, und seine Bewohner gleich mit.
      :reg:
      :wechsel:
      Entspanne dich. Lass das Steuer los. Trudle durch die Welt. Sie ist so schön.
      - Kurt Tucholsky -
      Karl May war ein Aussenseiter,der den größten Teil seines 3. Lebensjahrzehnts im Knast verbracht hat,wo er dann -animiert durch die Knastbücherei-beschloss, Schriftsteller zu werden,und diesen Plan bekanntlich mit großer Energie umgesetzt hat -von den Einnahmen konnte er sich dann diese stattliche Villa bauen lassenund doch noch zu den nordamerikanischen Indianern sowie in den Orient reisen, wo er feststellen musste, dass seine Bücher mit dem, was er dort vorfand, nicht viel zu tun hatte.


      Heut war ich im SEINEM Geburtsort Hohenstein-Ernstthal, d.h. genaugenommen Ernstthal. Der Bahnstation heisst allerdings Hohenstein-Ernstthal, von dort läuft man gut einen km bis zur - wie soll's anders wohl heissen - Karl-May-Straße zu seinem äusserst beengtem Geburtsthaus. Wo man, zumindestens bei über 170 cm Körpergröße bei jedem Türsturz den Kopf einziehen sollte, zwecks Vermeidung von Schädel-Hirn-Traumata.

      Ich darf vorausschicken, dass ich diese Aktion - obwohl mit 177 cm Körpergröße ausgestattet - unbeschadet überstanden habe. Mehr dazu später.
      :reg:
      :wechsel:
      Entspanne dich. Lass das Steuer los. Trudle durch die Welt. Sie ist so schön.
      - Kurt Tucholsky -
      Moin,
      upps, jetzt muss ich mein wissen über Karl May revidieren! ich habe mal gelesen das er alle bücher die er geschrieben hat ohne das wissen über die länder geschrieben hat jemals dort gewesen zu sein.
      jetzt lese ich hier, das er doch in amerika war. naja so erfährt man hier doch immer mal wieder was neues.

      Danke für deine wissens vermittlung
      :zug1: (reisender) Lefteri


      Original von Goldpixler
      ich habe mal gelesen das er alle bücher die er geschrieben hat ohne das wissen über die länder geschrieben hat jemals dort gewesen zu sein.
      jetzt lese ich hier, das er doch in amerika war.

      Nein, lieber Günter, da warst Du schon richtig informiert: Die Bücher über Winnetou und Kara ben Nemsi hat er geschrieben, ohne in diesen Ländern gewesen zu sein.
      Die entsprechenden Reisen hat er erst danach gemacht (vorher hätte er sie sich gar nicht leisten können).
      :reg:
      :wechsel:
      Entspanne dich. Lass das Steuer los. Trudle durch die Welt. Sie ist so schön.
      - Kurt Tucholsky -
      Original von Grizzly
      Eine Brücke über die Neisse steht auch da. Naja.
      Eine ältere Dame erklärt mir, die Brücke sei seit 1945 gesperrt, obwohl sie eigentlich begehbar aussieht. Aber wenn die Deutschen eine Brücke sperren, machen sie das gründlich. Eisengitter mit Übersteigschutz, einen Meter über die Brücke hinaus. Für Sportmuffel wie mich ist da keine Chance.

      Inzwischen wurden Stacheldraht und ein paar andere Schikanen entfernt, offiziell ist die Brücke aber immer noch gesperrt. Zu besonderen Festivitäten wird das Tor aufgemacht, das steht zumindestens im Netz.
      :link:
      :reg:
      :wechsel:
      Entspanne dich. Lass das Steuer los. Trudle durch die Welt. Sie ist so schön.
      - Kurt Tucholsky -
      Aber nicht bei dem Link, den Du genannt hast.

      Interessant ist das die Brücke auch noch Himmelsbrücke heißt - vielleicht ist sie deshalb noch immer gesperrt :pickingnose:
      :o_linie3:


      Jede Reise hat zwei Höhepunkte:
      den einen, wenn man hinausfährt,
      erlebnishungrig und voller Erwartung -
      und den anderen, wenn man heimkehrt, gesättigt von den Eindrücken
      und in Vorfreude auf das eigene Zuhause.

      (Heinrich Spoerl, Auszug aus "Die Hochzeitsreise)
      Original von Sore
      Aber nicht bei dem Link, den Du genannt hast.

      Sorry - aber bei dem hier :klick:
      Die Himmelsbrücke in Zittau blieb am Kriegsende 1945 unzerstört, war aber zwischen 1945 und 2007 durch ein hohes Tor mit Stacheldraht auf Brückenmitte verschlossen. Im Dezember 2007 wurde Tor und Stacheldraht durch die Bundespolizei entfernt. Jedoch befindet sich derzeit noch ein kleineres Absperrgitter mit Warnschildern an Brückenwiderlager, der auf die Sperrung der Brücke hinweist. Immerhin wird die Brücke als Grenzübergang an bestimmten Feiertagen geöffnet, besonders zu Festlichkeiten am Dreiländereck, dass nur 300 Meter entfernt liegt.

      Original von Sore
      Interessant ist das die Brücke auch noch Himmelsbrücke heißt - vielleicht ist sie deshalb noch immer gesperrt :pickingnose:

      Soll das heissen, dass sie erst am jüngsten Tag geöffnet wird :traurigdenkend:
      :reg:
      :wechsel:
      Entspanne dich. Lass das Steuer los. Trudle durch die Welt. Sie ist so schön.
      - Kurt Tucholsky -
      Kannst ja mal im Zwiegespräch nachfragen :beten1:

      :biggrin:
      :o_linie3:


      Jede Reise hat zwei Höhepunkte:
      den einen, wenn man hinausfährt,
      erlebnishungrig und voller Erwartung -
      und den anderen, wenn man heimkehrt, gesättigt von den Eindrücken
      und in Vorfreude auf das eigene Zuhause.

      (Heinrich Spoerl, Auszug aus "Die Hochzeitsreise)